Die Funktionen. $ 212. 0937
daß durch Reichsgesetz ein Gerichtshof mit der Entscheidung der-
selben betraut wird !®,
5. Das Reich hat endlich die Befugnis, „Bundesglieder“, also
Einzelstaaten, welche ihre verfassungsmäßigen Bundespflichten nicht
erfüllen, im Wege der Exekution dazu anzuhalten!”, Die
Nichterfüllung der Bundespflicht kann in dem Ungehorsam sowohl
gegenüber Reichsgesetzen als gegenüber Entscheidungen und Be-
fehlen bestehen, welche der Bundesrat, der Kaiser oder andere
Reichsorgane innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen haben. Nament-
lich gehört dazu auch der Fall, wo ein Staat hinsichtlich der
Stellung des ihm obliegenden Militärkontingents oder hinsichtlich
der Zahlung der von ihm geforderten Matrikularbeiträge nachlässig
oder säumig ist. [Über die Mittel und Formen der Reichsexekution
sagt Art. 19 nichts. Gedacht ist in erster Linie an die Anwendung
militärischer Gewalt gegen den betreffenden Staat. Doch
sind unzweifelhaft auch andere, vom Standpunkt des der Exekution
zu unterwerfenden Staates aus betrachtet, mildere Zwangsmittel
zulässigb, wie insbesondere die Vornahme der geforderten Handlung
durch das Reich selbst oder durch einen Dritten auf Kosten des
Exequenden (Ersatzvornahme)®. Der Beschluß über das Ob und
Wie der Exekution wird vom Bundesrate gefaßt. In diesem Be-
schlusse ist gleichzeitig eine richterliche Entscheidung über die
Frage, ob und welche verfassungsmäßige Bundespflicht verletzt
sei, enthalten!®, Die Vollstreckung der Exekution erfolgt durch
den Kaiser.]
ı6 Haenel a. a. O. 272; Zorn 1 173; Triepel a. a. O. 131. .
11 RVerf Art.19. Schilling, Die Reichsexekution, im ArchÖffR 20 51fl.;
Triepel, Reichsaufsicht 665 ff.
& Die militärische Reichsexekution ist kein Krieg im Sinne des Völker-
rechts; die völkerrechtlichen Normen über Krieg und Kriegführung finden
auf sie keine Anwendung. UÜbereinstimmend Triepel, Völkerrecht u. Landes-
recht 196 und Reichsautsicht 675.
d Vgl. insbesondere Haenel, Staatsr. 449 ff.; Schilling a. a. O. 72 ff., 75 ff.;
Triepel, Reichsaufsicht 676 ff.
c Vgl. oben $ 187 S. 809; Triepel a. a. O. 680 ff.
18 Dieser Satz wird jetzt auch von Seydel als richtig zugestanden:
Staatsrechtl. u. polit. Abh. 110 Anm. 2. Der Beschluß im Bundesrate wird
mit einfacher Majorität gefaßt. Die Ansicht Seydels im Jahrbuche a. a. O.
287 u. 288, Kommentar, zu Art. 19 Nr. II, daß dabei, soweit Rechtsfragen
in Betracht kommen, die Formen der authentischen Gesetzesauslegung ge-
wahrt werden müßten, ist unhaltbar. Seydel verkennt, daß die vom Bundes-
rate zu fällende Entscheidung den Charakter eines Richterspruches, nicht
den einer Teilnahme an der Gesetzgebung hat, und übersieht außerdem,
daß der Bundesrat allein zu einer authentischen Gesetzesauslegung nicht
befugt ist. Für ein Austrägal- oder schiedsgerichtliches Verfahren, welches
Seydel, Kommentar a. a. 0. bei Streitigkeiten über Sonderrechte und Oppen-
heimer, DJZ 2 491 überhaupt für notwendig erachten, fehit nun gar jeder
Anhalt in der Reichsverfassung. Übereinstimmend: Laband 1 268 Anm. 8;
Haenel, Staatsr. 148; Triepel a. a. O. 669, 670; Schilling a. a. O. 80 ff. und
Andere (Zitate bei Triepel 670 Anm, 4),