Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

956 Zweiter Teil. Viertes Buch. $ 218. 
bedürfen, in deren Ermangelung aber sich als wertlos erweisen '. 
Mit Recht hat daher die deutsche Reichsverfassung von einer 
solchen Zusicherung von Grundrechten abgesehen. Dagegen sind 
den Reichsangehörigen viele derartige Rechte durch besondere 
Reichsgesetze eingeräumt worden ®, 
Die individuellen Freiheitsrechte sind Schranken für die 
verwaltende Tätigkeit des Staates und zwar namentlich für die 
innere Verwaltung®. Ihre Bedeutung liegt insbesondere darin, 
daß überall, wo solche Rechte gesetzlich zugesichert sind, das den 
Verwaltungs-, insbesondere den Polizeiorganen zustehende Ver- 
bietungsrecht nicht in Anwendung gebracht werden darf. Eine 
erschöpfende Darstellung der individuellen Freiheitsrechte läßt sich 
daher nur in einem System des Verwaltungsrechtes geben. Die 
wichtigsten derselben sind diejenigen, welche sich beziehen auf: 
1. die Unverletzlichkeit der Person, der Wohnung und der 
Papiere!®, 
2. die Freiheit der persönlichen und wirtschaftltchen Be- 
wegung!!, 
3. die Freiheit der geistigen Bewegung !?, 
4. die Unverletzlichkeit des Vermögens !®, 
5. die Freiheit der Assoziation !*. 
1. Unverletzlichkeit der Person, der Wohnuug und der Papiere. 
g 218. 
Die gesetzlichen Bestimmungen über Unverletzlichkeit der 
Person, der Wohnung und der Papiere haben den Zweck, den 
Einzelnen gegen unberechtigte Verhaftungen, Eindringen in die 
Wohnung, Haussuchungen und Beschlagnahmen zu schützen. 
1. Die Verhaftung kann entweder ein strafprozessua- 
lischer Akt sein, der sich gegen eine eines Verbrechens ver- 
dächtige Person richtet, oder eine polizeiliche Maßregel, 
welche aus Rücksicht auf die öffentliche Sicherheit, Sittlichkeit 
T Aus den allgemeinen Ansprüchen der Verfassungen kann der Einzelne 
weder ein Recht auf Erlaß eines Gesetzes, noch da, wo dieselben ohne 
nähere Ausführungsbestimmungen nicht durchführbar sind, ein Recht auf 
unmittelbare Anwendung seitens der Gerichte oder Verwaltungsbehörden 
herleiten. Vgl. Jellinek, Subjektive Rechte 94; Anschütz, Enzykl. 88, 90. 
8 2.B. durch das Freizügigkeitsgesetz, die Gewerbeordnung, das Preß- 
gesetz, das Vereinsgesetz. 
® Dagegen bilden sie keine Schranke für die Gestzgebung, sondern 
können durch diese beschränkt und entzogen werden, wobei sich von selbst 
versteht, daß dabei die Formen der Verfassungsänderung gewahrt werden 
müssen, wenn die Zusicherung der Rechte in der Verfassung erfolgt ist. 
. is 218, 
ı2 88 220, 221. 
13 8 222, 
10 58 230-282.
	        
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