Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

058 Zweiter Teil. Viertes Buch. $ 219. 
haftung für ganz Deutschland einheitlich geregelt worden. Nach 
den Bestimmungen derselben kann die Verhaftung erfolgen: 1. auf 
Grund eines schriftlichen Haftbefehls des Richters, dessen 
Voraussetzungen gesetzlich geregelt sind (Verhaftung im 
eigentlichen Sinne)’, 2. durch Polizei- und Sicher- 
heitsbeamte bei Gefahr im Verzuge unter denselben Voraus- 
setzungen, 3. durch jeden Privaten bei Betreffen auf frischer 
Tat, wenn der Verbrecher der Flucht verdächtig ist oder seine 
Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden kann. Die beiden 
letzten Fälle bezeichnet das Gesetz als vorläufige Fest- 
nahme. Der vorläufig Festgenommene ist unverzüglich dem 
Richter (Amtsrichter) des Ortes vorzuführen. Dieser hat ihn 
spätestens am Tage nach der Vorführung zu vernehmen und nach 
dem Ausfall der Vernehmung entweder einen Haftbefehl zu er- 
lassen oder die Freilassung zu verfügen®. Im Militärstraf- 
rozeß wird der Haftbefehl vom Gerichtsherrn erlassen; auch 
hier kann eine vorläufige Festnahme erfolgen. Der Festgenommene 
ist an die nächste Militärbehörde abzuliefern, von dieser zu ver- 
nehmen und entweder freizulassen oder dem zuständigen Gerichts- 
herrn zu überweisen?”. — Die rein polizeiliche Verhaftung ist 
durch die strafprozessualischen Bestimmungen nicht berührt worden; 
es sind für sie auch fernerhin die Vorschriften des Landesrechtes 
maßgebend, 
2. Das Eindringen in eine Wohnung wider den Willen 
des Inhabers kann geschehen: ' 
a) Zum Zweck einer Durchsuchung wegen eines be- 
gangenen Verbrechens, entweder um den Verbrecher zu ergreifen 
oder um Beweismittel aufzufinden. Die Voraussetzungen und das 
Verfahren bei derartigen Haussuchungen sind durch die RStPO 
mit RMilStrGO geregelt?. 
6 RStPrO 88 112—118. 
® RStPrO 88 127 u. 128. 
° RMilStrPrGO 888 175—77, 180, 181. 
8 Nach dem preußischen G. vom 12. Febr. 1850 können die Polizei- 
beamten Personen in polizeiliche Verwahrung nehmen, wenn der eigene 
Schutz derselben oder die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sittlichkeit, 
Sicherheit und Ruhe diese Maßregel dringend erfordert. Die in Verwahrung 
genommenen Personen müssen im Laufe des folgenden Tages in Freiheit 
gesetzt oder es muß in dieser Zeit das Erforderliche veranlaßt werden, um 
sie der zuständigen Behörde zu überweisen. Abnlich sind die Bestimmungen 
des angeführten Lübecker und Hamburger Gesetzes, Nach dem Bad. Pol. 
StraB $ 30 darf ein polizeilicher Gewahrsam die Dauer von 48 Stunden 
nicht überschreiten, nach dem Bayr. AusfG zur RStrPrO Art. 102. welches 
allerdings nur den Fall der Verhütung eines Verbrechens erwähnt, höchstens 
24 Stunden dauern. Das Oldenburgische StGG Art. 39 $ 4 bestimmt, daß 
die untere Polizeibehörde, wenn sie jemand im Interesse der öffentlichen 
Ordnung, Sicherheit und Sittlichkeit in Verwahrung genommen hat, den- 
selben entweder innerhalb dreimal 24 Stunden freilassen oder von der vor- 
gesetzten Polizeibehörde die Genehmigung der Fortdauer der Verwahrung 
einholen muß. 
® RStrPrO 88 102—105, RMilStrGO 88 235—299. Mittermaier, Art. 
Durchsuchung im WStVR.
	        
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