Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Rechtsverhältnisse der Untertanen. $ 219. 061 
später ersetzt durch die Allgemeine Gewerbeordnung vom 17. Januar 
1845”, die Niederlassungsfreiheit durch das Gesetz über die Auf- 
nahme neu anziehender Personen vom 31. Dezember 1842®°. An- 
knüpfend an diese preußische Gesetzgebung hat dann der Nord- 
deutsche Bund und das Deutsche Reich die Freiheit der persön- 
lichen und wirtschaftlichen Bewegung in ganz Deutschland ver- 
wirklicht.]| Kraft der Norddeutschen Bundes- und Reichsgesetz- 
gebung besteht im Deutschen Reiche: 
1. Freizügigkeit im Sinne von Auswanderungs- 
freiheit. Als Ausfluß derselben erscheint ein doppeltes Recht?: 
a) das Recht, die Reichs- und Staatsangehörigkeit 
aufzugeben. Jedem Reichsangehörigen steht die Befugnis zu, 
seine Entlassung aus dem Reichs- und Staatsverbande zu fordern, 
welche ihm nicht verweigert werden darf. Eine Ausnahme tritt 
nur ein, sofern der Betreffende dem Reiche oder einem Staate 
durch besondere Pflichten, Militärpflicht oder Beamtenverhältnis 
verbunden ist!®. Das Recht des "Reichsangehörigen, seine Ent- 
lassung aus dem Staatsverbande zu fordern, hat nicht den Charakter 
eines individuellen Freiheitsrechtes, sondern ist ein Anspruch auf 
Vornahme eines Verwaltungsaktes; 
b) das Recht, unter Beibehaltung der Reichsangehörigkeit 
seinen Wohnsitz im Ausland zu nehmen. Dasselbe besteht 
für alle Reichsangehörigen, mit alleiniger Ausnahme derjenigen, 
welchen aktiver Militärdienst oder Beamtenverhältnis einen Auf- 
enthalt innerhalb des Reichsgebietes anweisen. Auch Personen 
des Beurlaubtenstandes sind in dieser Beziehung völlig unbe- 
schränkt!!. Sie haben nur die Verpflichtung: 1. Vorkehrungen 
zu treffen, daß ihnen dienstliche Befehle ihrer Vorgesetzten und 
namentlich Gestellungsbefehle jederzeit zugestellt werden können !?; 
2. sich auf erfolgte Einberufung zum aktiven Heere zu stellen ?®; 
3. bei eintretender allgemeiner Mobilmachung sich unverzüglich 
in das Inland zurückzubegeben, sofern sie hiervon nicht ausdrück- 
lich befreit worden sind %. | 
2. Freizügigkeit im Sinne der freien Nieder- 
lassung’®. 
Jeder Reichsangehörige hat das Recht, innerhalb des Bundes- 
gebietes an jedem Orte sich aufzuhalten oder niederzulassen, wo 
er eine Wohnung oder ein Unterkommen sich zu verschaffen im- 
? G. Meyer-Dochow 101 ff. 
8 (5. Meyer-Dochow 102. 
® Vgl. v. Martitz, AnnDR 1875 1147. 
10 Vgl. oben 251 ff. 
ı RMilG 8 61. 
12 RMiIG $ 57. 
13 RMilG 8 67. . 
888 € RAtIG $ 58. RG, betr. Anderungen der Wehrpflicht, vom 11. Febr. 
1 4, 28, 
RE über die Freizügigkeit vom 1. Nov. 1867 8 1. Vgl. oben $ 215 
S. 948 ff.; G. Meyer-Dochow 111 ff. .
	        
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