962 Zweiter Teil. Viertes Buch. $ 219.
stande ist, und an jedem Orte Grundeigentum aller Art zu er-
werben. Das einzige Erfordernis zur Austibung dieser Befugnisse
ist der Nachweis. der Reichsangehödrigkeit und für Unselbständige
der Nachweis der Genehmigung des Gewalthabers. Beschränkungen
der freien Niederlassung bestehen nur insoweit, als gewissen Klassen
von Personen durch die Verwaltungsorgane der Aufenthalt an
bestimmten Orten angewiesen oder untersagt werden kann. Der-
artige Befugnisse zur Verhängung von Aufenthaltsbeschränkungen
besitzen: 1. Gemeinden oder Armenverbände aus Rück-
sichten auf Armenpflege. Diese können einem neu Anziehenden
die Niederlassung verweigern, wenn sie nachweisen, daß er nicht
hinreichende Kräfte besitzt, um sich und seinen nicht arbeits-
fähigen Angehörigen den notdürftigen Lebensunterhalt zu ver-
schaffen. Dagegen steht dem Abgewiesenen der Gegenbeweis frei,
daß er den Unterhalt aus eigenem Vermögen bestreiten kann oder
von einem dazu verpflichteten Verwandten erhält. Die Ausweisung
eines bereits Aufgenommenen ist nur zulässig, wenn sich die Not-
wendigkeit einer öffentlichen Unterstützung herausstellt, die Ge-
meinde nachweist, daß die Unterstützung aus anderen Gründen
als wegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit notwendig geworden
ist und der Betreffende an dem Aufenthaltsorte noch keinen Unter-
stützungswohnsitz erworben hat!e, 2. Die Polizeibehörden
aus sicherheitspolizeilichen Gründen. Diese sind [nach Maßgabe
der Landesgesetze] zu Ausweisungen und Internierungen gegen-
über bestraften Personen befugt”.
Das Recht der freien Niederlassung innerhalb des Reichs-
gebietes steht nur Reichsangehörigen zu. Ausländer besitzen das-
gelbe schon deshalb nicht, weil sie überhaupt kein Wohnrecht im
Reichsgebiet haben. Sind sie aber einmal im Reiche zugelassen,
so werden sie hinsichtlich der Niederlassung auch den Reichs-
angehörigen gleich behandelt. Mitunter ist dieser Grundsatz aus-
drücklich durch völkerrechtliche Verträge ausgesprochen 18,
3. Gewerbefreiheit.
Der Betrieb eines Gewerbes steht jedermann frei, soweit nicht
im öffentlichen Interesse durch gesetzliche Bestimmungen Be-
fähigungsnachweise oder Konzessionen vorgeschrieben sind. Das
Recht des freien Gewerbebetriebes ist nicht auf Reichsangehörige
beschränkt, sondern steht auch den im Reichsgebiet zugelassenen
Ausländern zu.
4—6.
17 RG über die Freizügigkeit $ 3; RStGB $8 88, 39.
18 Niederlassungsvertrag mit der Schweiz vom 81. Mai 1890 Art, 3,
Handelsvertrag mit Mexiko vom 5. Dez. 1882 Art. II, mit den Niederlanden
vom 17. Dezember 1904. Vgl. Heinrichs, Deutsche, Niederlassungsverträge
u. Übernahmeabkommen (1988); v. Overbeck, ArchÖfR 38 123 ff.
19 R.-Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869, neueste Redaktion vom 26. Juli
1900. dazu noch zahlreiche Novellen. Vgl. den führenden Kommentar zur
GewO von v. Landmann-Rohmer (7. Aufl., 1917).
18 RG über die Freizügigkeit \