Die Zeit des alten deutschen Reiches. $ 25. 87
ursprünglich 50 Gulden ®®, schließlich 400 Taler, betrug?”. Da-
gegen war in Strafsachen keine Appellation, sondern nur Nichtig-
keitsbeschwerde zulässig®®. Die privilegia de non appellando sollten
nach der ursprünglichen Absicht gegenüber der Ap ellationsgerichts-
barkeit des Kammergerichtes nicht in Betracht kommene. Doch
wußten zunächst die Kurfürsten die ihrigen wieder geltend zu
machen, und im Laufe der Zeit erhielten fast alle größeren
Landesherren solche. So war die Appellationsgerichtsbarkeit des
Kammergerichtes schließlich vollständig durchbrochen. Es behielt
aber das Kammergericht auch gegenüber denjenigen Ländern,
welche Appellationsprivilegien besaßen, das Recht, Beschwerden
wegen verweigerter oder verzögerter Justiz anzunehmen °®, [Die
rivilegia de non appellando bezogen sich ferner nicht auf die
uständigkeit des Kammergerichtes in Sachen gegen Reichsunmittel-
bare, insbesondere gegen die Landesherren d (so daß also der Klage
gegen einen Landesherrn etwa wegen Mißbrauchs der Landeshoheits-
rechte keine Unzuständigkeitseinrede mit Berufung auf das privil.
de non app. entgegengehalten werden konnte) und endlich — nach
einer freilich nicht unbestrittenen — Ansicht nicht auf Nichtig-
keitsbeschwerden (N ullitätsklagen)e]. — In einzelnen Füllen,
namentlich in Landfriedensbruchsachen, konnte man entweder am
ordentlichen Gerichtsstande des Beklagten oder auch direkt beim
Kammergericht die Klage erheben ®®., Ä
Das hauptsächliche Rechtsmittel gegen die Entscheidungen
des Reichskammergerichtes war die Revision, durch welche die
Sache an die zur Visitation des Reichskammergerichtes bestimmte
ordentliche Reichsdeputation gebracht wurde. Dadurch, daß der
J.R.A. diesem Rechtsmittel den Suspensiveffekt nahm®!, verlor
dasselbe im wesentlichen seine Bedeutung. Es hörte ganz auf,
als die Visitationen des Kammergerichtes nicht mehr stattfanden.
Statt dessen bestand in späterer Zeit ein Rekurs an den Reichstag,
dessen gesetzliche Grundlage man unrichtigerweise in einer Be-
stimmung des Westfälischen Friedens zu finden glaubte®?, über den
es aber an ausreichenden reichsrechtlichen Bestimmungen fehlte ®®.
»® K. G. O. von 1521 Tit. 24.
#9 R. A. zu Regensburg von 1654 (J.R. A.) $ 112.
= R.A. zu Augsburg von 1530 8 95. K.G.O. von 1555 T. U Tit, 288 5.
© So die früher herrschende Meinung, welche sich aber nach neueren
Untersuchungen — Smend in den brandenb.-preuß. Forsch. 20 472 ff. und
namentlich Perels, Die allgemeinen Appellationsprivilegien für Brandenburg-
Preußen (Zeumers Quellen und Studien III Heft 1 1908), 23. — nicht mehr
halten laßt.
» K. G. O. von 1555 T. I Tit. 1 88 2 u. 26.
4 Loening im Verw.Arch. 2 220, Gerichte u. Verwaltungsbehörden in
Brandenburg-Preußen (1914) 4; Perels a. a.0. 8,9; Smend a. a. ©. 20 466, 467.
e Perels a. a. 0. 9, 10.
s°K.G.O. von 1555 Tit. 9 u. 10.
sı J, R. A. $ 124.
83 Instr. pac. Osnabr. Art. V. 8 56.
ss W.C. Art. XVIIS 38.