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blos thatsächliche Wirkung einer Willensäußerung der Majo-
rität. Niemals darf deshalb ein Herrscher, welchen ein Mehr-
heitsbeschluß der Nation im Widerspruche mit dem Rechte der
legitimen Dynastie auf den Thron berief, sich auf diese Aeuße-
rung des Nationalwillens der Minorität gegenüber berufen,
da diese weder an jenem Beschlusse theilhat, noch an ihn
gebunden ist.
Wer sich daher nicht zu der Annahme entschließt, auch in
Monarchien stehe dem Volke die Souveränetät zu, kann die
oben aufgeworfene Frage, ob das Volk einen Monarchen durch
Berufung oder Anerkennung trotz eines entgegenstehenden dy-
nastischen Rechts zu seinem legitimen Herrscher machen könne,
nur rundweg verneinen. Denn wenn kein Recht des Volks
auf die Besetzung des Throns besteht, so wird auch aus
keiner Handlung des Volks ein solches Recht entstehen können.
Die durch den äußern Hergang einer Volksabstimmung unter-
stützte Behauptung aber, daß in solchem Falle Volk oder
Volksvertretung nur als Wahlkörper fungire, ein Wahlkörper
aber die Souveränetät, welche der Gewählte erhalte, nicht
selbst zu besitzen brauche, ist regelmäßig deshalb unmöglich,
weil ein Wahlrecht des Volks, wenn diesem die Souveränetät
nicht innewohnte, doch erst dann platzgreifen könnte, wenn der
Thron vacant geworden, nicht aber, wenn das Volk ihn wider-
rechtlich umgestoßen und so die thatsächliche, nicht rechtliche
Möglichkeit einer Wahl erst geschaffen hat. Es bliebe somit
immer noch nöthig, den Umsturz des Throns zu rechtfertigen,
bevor die Wahl des neuen Monarchen als ein rechtlicher Act
selbst dem Volke gegenüber gelten könnte; diese Rechtfertigung
würde aber wiederum nur aus der Volkssouveränetät erbracht
werden können.
Nun ist aber die Lehre von der unveräußerlichen Volks-