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zu einem Zeitpunkte sogar an eine Verletzung der holländischen Neutra-
lität gedacht hat. Des weiteren erhellt daraus, daß die Belgische Regie-
rung, indem sie den englischen Einflüsterungen Gehör schenkte, sich eine
schwere Verletzung der ihr als neutraler Macht obliegenden Pflichten hat
zuschulden kommen lassen. Die Erfüllung dieser Pflichten hätte es er-
heischt, daß die belgische Regierung in ihren Verteidigungsplänen auch
die Verletzung der belgischen Neutralität durch Frankreich vorgesehen und
daß sie für diesen Fall analoge Verein barungen mit Deutschland getroffen
hätte, wie mit Frankreich und England. Die aufgefundenen Schriftstücke
bilden einen dokumentarischen Beweis für die den maßgebenden deutschen
Stellen lange vor Kriegsausbruch bekannte Tatsache der belgischen Kon-
nivenz mit den Ententemächten. Sie dienen als eine Rechtfertigung für
unser militärisches Vorgehen und als eine Bestätigung der der deutschen
Heeresleitung zugegangenen Informationen über die französischen Ab-
sichten. Sie mögen dem belgischen Volke die Augen darüber öffnen, wem
es die Katastrophe zu verdanken hat, die jetzt über das unglückliche Land
hereingebrochen ist.
Frankreichs Finanzlage.
In Besprechung der Finanzlage Frankreichs führt die Neue Züricher
Zeitung aus: Während es Deutschlands hervorragender Organisations-
fähigkeit gelungen ist, mit der Begebung der Milliardenanleihe auf fi-
nanziellem Gebiete einen glänzenden Erfolg zu gewinnen und die wirt-
schaftlichen Kräfte der Nation in weitgehendster Weise für das Staats-
interesse heran zuziehen, hat Frankreich gerade in einer großzügigen An-
passung des Kreditwesens an die Kriegslage bisher versagt, und durch
ein unglücklich formuliertes Moratorium seinen vorhandenen Reichtum
in sehr unzweckmäßiger Uebervorsicht immobilisiert und lahmgelegt. Der
Temps und andere große Blätter klagen ständig darüber, daß die teil-
weise Sperrung. der Depositen= und Bankguthaben sogar angesichts der
Zeichnung der Bons de defense nationale aufrecht erhalten wurde. Die
Unzufriedenheit über das Moratorium und seine Verlängerung wird
übrigens in Frankreich immer allgemeiner. (Kreuzztg., 13. Okt.)
Oesterreichischer Protest.
Wien, 12. Oktober. Die österreichisch-ungarische Regierung hat den
Regierungen Deutschlands und der neutralen Staaten folgende Verbal-
note zukommen lassen:
Die Sanitätsambulanzen der 14. österreichisch-ungarischen Gebirgs-
brigade wurden, so oft sie in Tätigkeit traten, von den Montenegrinern
beschossen. Obgleich die Ambulanzen die Fahne mit dem Genfer Kreuz
auf hohen Stangen angebracht hatten, beschossen die Montenegriner die
Verbandpläne, und zwar am 13. August denjenigen am Lissac und am
18. August den in Cerovopolje in Montenegro mit Schrapnells, und am
2. September den Verbandplatz in Grahovo in Montenegro mit Infan-
teriegeschossen. In Cerovopolje wurde die Errichtung des Verbandplatzes
gänzlich verhindert, da die montenegrinische Artillerie, sofort nachdem
das Rote Kreuz aufgepflanzt war, ihr Feuer darauf richtete. Die öster-
reichisch-ungarische Regierung erhebt in aller Form Protest gegen diese
Verletzung der Genfer Konvention. (Dtsch. Tagesztg., 13. Okt.)