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gehindert werden konnte“ (v. HOLTZENDORFF), bleibt für das
Völkerrecht insofern irrelevant, als dasselbe sich um das Ent-
stehen der Staaten nicht kümmert und vielmehr die Koexistenz
mehrerer Staaten voraussetzt. Und erst die Frage, ob ein neu
entstandener Staat durch Anerkennung seitens der übrigen Staaten
in deren Rechtsgemeinschaft als Mitglied eintritt, ist eine völker-
rechtliche 1%), —
Gegenüber diesen Sätzen hat sich jetzt die Lehre Bahn ge-
brochen, dass blosse Privatpersonen in staatenlosen Gebieten
staatliche Hoheitsrechte durch Okkupation erwerben können, dass
sie daher in gewissem Umfang mit den Staaten als Subjekte des
Völkerrechtes konkurriren. Sollte es eine Täuschung sein, zu
ersteren 1) mandat special — Auftrag zur Okkupation eines speziell be-
stimmten Gebietes, 2) mandat göneral — Ermächtigung zur Besitzergreifung
unbestimmter Okkupationsgebiete, 3) mandat tacite — den Fall, dass die
Okkupation durch eine Mittelsperson ohne Auftrag des Staates, aber nicht
ohne Wissen des Staates geschieht. Negotiorum gestio liegt vor, wenn die
Mitteleperson ohne Auftrag und ohne Wissen des Staates, aber mit dem
Willen, an Stelle des Staates und zu dessen Nutzen zu handeln, okkupirt.
Die Aufstellung eines mandat tacite neben neg. gestio ist überflüssig
und zudem unlogisch, weil SALOMON aus seiner Definition des mandat tacite
das für das mandatum gerade wesentliche Moment des „Auftrages“ eliminirt.
Indem ferner SıLomon mit den der Privatrechtslehre entnommenen
Sätzen: ignoranti non acquiritur possessio und ratihabitio mandato aequi-
paratur operirt, schreibt er einerseits der nachträglichen Genehmigung des
Staates rückwirkende Kraft auf den Zeitpunkt der vom neg. gestor bewirkten
Okkupation zu, andererseits hält er im Falle des mandat general die Okku
pation für den Staat erst bewirkt, wenn derselbe Kenntniss von den seitens
seiner Mittelspersonen okkupirten Objekten erhält. Meines Ermessens sind
gerade die entgegengesetzten Schlüsse richtig: der Staat okkupirt in dem
Momente, wo seine Mittelsperson den staatlichen Auftrag, sei es auch ein
genereller, vollzieht; denn die Handlung des Beauftragten hat als die des
Staates selbst zu gelten. Hinwieder wird der von einer nicht-beauftragten
Mittelsperson gemachte Gebietserwerb ein staatlicher erst im Momente der
staatlichen Genehmigung; denn vorher fehlt es an jeder auf Okkupation ge-
richteten Willensäusserung des Staates. |
19) v. HOLTZENDORFF S. 258 Ziff. 3 mit S. 19, 24; Bruntschus, Note zu
$ 279 mit $$ 28, 29.