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wobei es nur bedauerlicherweise darauf verzichtet hat, seine Auffassung hin—
reichend zu begründen. Die Folge war, daß es sich vielfach dem unbegründeten
Vorwurf aussetzte, daß diese Urteile im Widerspruch zu der sonst von ihm
befolgten Rechtsprechung stünden.13) Gegenüber den Kriegsgesetzen hat der
höchste Gerichtshof den angeführten Standpunkt beibehalten, und so z. B. in
einem Urteil, das zu der Strafbestimmung des § 7 der Bundesratsverordnung.
vom 25. Januar 1915 ergangen ist, die in dieser Vorschrift in Bezug genom-
menen §8§ 1 bis 5 derselben Verordnung als einen „unlösbaren Bestandteil.
der Strafbestimmung des § 7“ bezeichnet.15)
Da Verwaltungsanordnungen, von denen die Norm abhängig ist, um
wirksam zu werden, nicht Bestandteile der Norm und deshalb erst recht nicht.
des Strafgesetzes sind, so ist ein Irrtum über sie naturgemäß als ein außer-
strafrechtlicher zu betrachten. Deshalb ist eben ein Irrtum über eine in einer-
Verwaltungsanordnung enthaltenen Höchstpreisfestsetzung als ein Irrtum über-
einen Tatumstand im Sinne des § 59 StGB. anzusehen.)
18) So von seiten Kohlrauschs, Irrtum und Schuldbegriff S. 133, und
des Reichsgerichtsrats v. Bülow, Goltd Arch. Bd. 45 S. 324.
19) Urteil des III. Senats vom 28. Juni 1915 in LZ. 1915 S. 1230 Nr. 8.
In gleicher Weise sind von dem Urteil desselben Senats vom 12. Juli 1915 in L8.
1915 S. 1308 Nr. 2 die §§ 1 bis 3 der Bundesratsverordnung über Vorrats-
cerhebungen vom 24. August 1914, welche die Auskunftspflicht des Besitzers regeln,
als Bestandteile der Strafvorschrift des § 5 zit. Verordnung bezeichnet worden.
20)) Damit stimmt die Rechtsprechung des R., wie bei Erörterung der Einzel-
heiten (s. unten unter 1II) noch näher dargelegt werden wird, im Prinzip überein.
Als Fall, wo bereits in der früheren Rechtsprechung der Irrtum über eine „vegle-
mentäre Verfügung“ als tatsächlicher Irrtum bezeichnet ist, ist das Urteil des.
I. Senats vom 16. Juni 1886, Rechtspr. Bd. 8 S. 446, zu vergleichen.
Eine Ausnahme von dem im Text entwickelten Satz — daß nämlich die ein-
zelne Höchstpreisfestsetzung als Verwaltungsanordnung anzusehen und ein Irrtum
über sie demgemäß als ein Irrtum über einen Tatumstand zu behandeln ist —
tritt ein, wenn der Bundesrat in einem besonderen Falle einmal in derselben
Verordnung einen Höchstpreis festsetzt und ihn unter besondere Strafandrohung.
stellt. Dann handelt es sich nicht um eine Höchstpreisfestsetzung auf Grund des.
HöchstprG., sondern um ein besonderes Höchstpr G. Hiier ist die Höchst-
preisfestsetzung Teil des Strafgesetzes; ein Irrtum über sie ist demnach als ein
strafrechtlicher aufzufassen. Daß der Bundesrat zum Erlaß eines solchen Spezial-
höchstpreisgesetzes auf Grund des sogenannten Ermächtigungsgesetzes (s. oben
Kapitel 1 unter 1) befugt ist, läßt sich nicht bezweifeln. Ein solches Gesetz ist
zuerst von ihm in der Verordnung vom 10. Dezember 1914 (RGl. S. 501),
für den Metallhandel geschaffen worden. Die Beschreitung dieses Weges
zur Festsetzung von Höchstpreisen erwies sich damals als erforderlich, weil bis zu
der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1914 der Bundesrat auf Grund des.
Höchstpr G. nicht befugt war, für andere Gegenstände als die Gegenstände des täg-
lichen Bedarfs Höchstpreise festzusetzen (s. oben Kapitel II § 1 unter II). Das.
Metallhöchstpreisgesetz ist inzwischen aufgehoben worden (s. Kap. I sub II 1).
Als ein solches Sonderhöchstpreisgesetz ist zur Zeit die Verordnung über Höchst-
preise für Brotgetreide vom 24. Juli 1916 (RE Bl. S. 820) in Geltung. Daß