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bezeichneten Begriffe liegt aber nur vor, wenn der Täter als Nichthöchst-
preis ansieht, was Höchstpreis ist, oder wenn er den Vorgang nicht als Über-
schreitung auffaßt, obwohl ihm diese Bedeutung zukommt. Als Beispiel für
die erste Alternative wäre an den Fall zu denken, daß er etwa einen Höchst-
preis, der durch einen behördlich fixierten Zuschlag zum Einkaufspreis ge-
bildet ist, nicht als Höchstpreis ansieht. Als Beispiele für die zweite- Alter-
native wären Fälle ins Auge zu fassen, in denen der Täter in der Aus-
bedingung von Nebenvorteilen keine Überschreitung eines Höchstpreises er-
blickt, oder in denen er glaubt, die Erfüllung eines Kaufvertrages, der
eine Höchstpreisvorschrift verletzt, sei deshalb nicht als eine Übertretung von
Höchstpreisen aufzufassen, weil er den Abschluß des Kaufvertrages in Un-
kenntnis einer bestehenden Höchstpreisfestsetzung getätigt habe. 32?2) Jede irrige
Vorstellung dagegen, die sich auf den Inhalt oder die Tragweite einer Höchst-
preisfestsetzung bezieht, ist als Irrtum über einen (den Vorsatz ausschließenden),
Tatumstand zu gualifizieren. Glaubt etwa der Verialter eines
in einem Landkreise gelegenen Lagers einer Konsumgenossenschaft, daß für
ihn die vom Magistrat der Stadt, in der die Genossenschaft ihren Sitz hat,
festgesetzten Höchstpreise gelten, und danach nicht die Höchstpreise des Land-
kreises, so känn von einem Irrtum über den Begriff des Über-
schreitens eines Hoöchstpreises keine Rede sein. Und ebenso kann nicht
von einem Irrtum über den Begriff des Höchstpreises gesprochen
werden, wenn sich etwa ein Brauer für einen „Verbraucher“ ansieht, der im
Sinne des § 6 Abs. 1 der Bundesratsbekanntmachung vom 19. Dezember
1914 (REl. S. 528) Gerste bei sogenannten Dreitonnenkäufen über dem
Höchstpreis kaufen darf. Wenn trotzdem in den beiden zuletzt angeführten
Beispielsfällen das RG. die hier abgelehnte Qualifikation eines Irrtums.
über den Begriff der Überschreitung bzw. des Höchstpreises für gegeben er-
achtet hat,28) so widerspricht das unzweifelhaft einer natürlichen Auffassung
der Dinge. Wer den Kern einer irrigen Vorstellung feststellen will, muß auf
ihren Ausgangspunkt zurückgehen und darf nicht an die Stelle dieses Aus-
gangspunktes eine sekundäre Vorstellung setzen, die sich als logisch undermeid=
liche Konsequenz aus der Primärvorstellung ergibt. Ausgangspunkt des Irr-
tums war in beiden Fällen die irrige Auslegung des Inhalts einer Höchst-
preisfestsetzung, genauer: im ersten Fall der Tragweite ihrer Erstreckung, im
zweiten Fall der Tragweite einer auf sie bezüglichen Ausnahmebestimmung.
Daß aber auch einem Täter, der im Glauben an eine bestehende Ausnahme-
handelt, nicht Vorsatz zur Last gelegt werden darf, wird keiner besonderen
Rechtfertigung bedürfen. Denn selbst da, wo — wie auch bei den Kriegs-
wucherdelikten — das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit nicht zum Tatbestands-
:2) In dem zuletzt angeführten Beispielsfalle haben denn auch zwei Urteile
des I. Senats vom 14. bzw. 17. Juni 1915 in L3. 1915 S. 971 sub 1 unbedenklich
eine vorsätzliche Verletzung der Vorschrift des § 6 Ziffer 1 HöchstPPr G. an-
genommen.
33) S. Urteil des III. Senats vom 25. Februar 1915, L3. 1915 S. 513 Nr. 2.
bzw. Urteil des I. Senats vom 24. Juni 1915, JW. 1915 S. 1269.