Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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merkmal erhoben ist, schließt die Annahme von Tatsachen, deren Vorliegen die 
Rechtswidrigkeit beseitigen würde, den Vorsatz aus.) 
Bei der übermäßigen Preisforderung gemäß § 5 Ziffer 1 Preis Steig VO. 
wäre ein Versehen in der Kalkulation, das den Täter dazu führen würde, 
einen Preis zu fordern, der ihm einen übermäßigen Gewinn einbrächte, ihm. 
zweifellos als ein außerstrafrechtlicher Irrtum zugute zu halten. Ein Irrtum 
darüber, ob ein Gewinn als ein nicht übermäßiger anzusehen ist, wäre da- 
gegen als Irrtum über den Strafrechtssatz aufzufassen. Immerhin wäre auch 
ein solcher Fall anders zu beurteilen, wenn etwa der Täter zu der bean- 
standeten Preisforderung dadurch gelangt wäre, daß er auf Grund staatlicher 
oder behördlicher Erlasse, die sich zu der Frage der Preisbemessung verhalten, 
geglaubt hätte, daß der von ihm berechnete Nutzen ausdrücklich für zulässig. 
erklärt sei.33), Dabei würde cs ihn auch von dem Vorwurf einer vorsätzlichen 
Zuwiderhandlung befreien, wenn er etwa irrigerweise angenommen hat, daß 
die Meinungsäußerung einer Behörde, deren Zuständigkeit er in Wirklichkeit- 
gar nicht unterstand, auch für ihn rechtliche Gültigkeit habe. 36) 
Die irrige Annahme, daß ein bestimmter Rohstoff nicht zu Gegenständen. 
des Kriegsbedarfs verarbeitet werde, muß als den Vorsatz ausschließend an- 
gesehen werden. 36“) 
Beim Kettenhandel wäre ein Irrtum über die Verbrauchereigenschaft des 
Abnehmers ein erheblicher Tatirrtum; als ein Irrtum über den Strafrechts- 
satz wäre dagegen ein Irrtum aufzufassen, der darauf hinausliefe, daß der- 
Täter seine Einschaltung in den Umlauf der Ware als nicht durch die Ketten- 
handelverordnung betroffen ansehen würde. 
IV. Gerade für die Entscheidung der Vorsatzfrage bei Übertretung einer 
Kriegswuchervorschrift ist von besonderer Bedeutung die Schuldform des so- 
genannten bedingten (eventuellen) Vorsatzes.37) Legt nämlich der Täter 
  
3) IV. Senat vom 2. Dezember 1890, Entsch. Bd. 21 S. 189 auf S. 191, 
I1I. Senat vom 29. Oktober 1895, Entsch. Bd. 27 S. 401 auf S. 403, IV. Senat 
vom 2. Januar 1900, Entsch. Bd. 33 S. 32 auf S. 35 u. a. 
35) Vorsatz ist verneint, weil der Täter seine Handlung als obrigkeitlich ge- 
stattet aufgefaßt hat, in den Urteilen des I. Senats vom 22. November 1880, Entsch. 
Bd. 3 S. 49 auf S. 50, sowie vom 9. Juni 1881, Entsch. Bd. 4 S. 251, dem 
Urteil des III. Senats vom 15. Oktober 1885, Entsch. Bd. 13 S. 22 auf S. 25. 
36) S. außer dem in Anm. 35 zit. Urteil in Bd. 13 S. 22 insbes. Urteil des. 
IV. * vom 13. Oktober 1885, Entsch. Bd. 12 S. 431 auf S. 433. 
36a) Dagegen meint der IV. Senat in dem Urteil vom 16. Februar 1917 E. 50 
S. 234- auf S. 237: Es genüge, daß der Gegenstand sich „seiner Natur nach“ zum 
Kriegsbedarf eigne. Ob diese „Natur“ anzuerkennen ist, entscheidet aber doch die- 
Auffassung der Heeresverwaltung. Leugnet die Heeresverwaltung die Eignung des 
betreffenden Gegenstandes zu einem Gegenstand des Kriegsbedarfs, so kann doch 
nicht von einem Gegenstand des Kriegsbedarfs mit der Begründung gesprochen. 
werden, daß er „seiner Natur nach“ wohl geeignet sei. Deshalb liegt in dem 
Irrtum über die Auffassung der Heeresverwaltung ein Irrtum über die Ver- 
wendbarkeit des Gegenstandes als eines Gegenstandes des Kriegsbedarfs. 
37) Daf sie bei Überschreitung von Höchstpreisen genügt, dürfte ernstlich nicht
	        
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