Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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Eine Verletzung der Erkundigungspflicht wird auch nicht damit hinreichend 
begründet, daß auf die Möglichkeit, von amtlicher Stelle Aufklärung zu erhalten, 
hingewiesen wird. Vielmehr bedarf es für jeden speziellen Fall der besonderen 
richterlichen Prüfung, welche amtliche Stelle hierfür in Betracht gekommen 
wäre, und ob sie nach ihren Gepflogenheiten die erforderliche Auskunft gegeben 
hätte.12) Eine Auskunft einer amtlichen Stelle muß einer von dieser mit der 
Prätention der Allgemeingültigkeit befolgten Praxis gleichgesetzt werden. 
Hält sich z. B. eine der Kriegsgesellschaften beim Handel mit einer bestimmten 
Waren qgualität nicht an die festgesetzten Höchstpreise — obwohl für diese 
Kriegsgesellschaften nicht insoweit gesetzliche Ausnahmebestimmungen bestehen —, 
so können die beteiligten Handelskreise hieraus unter Umständen sehr wohl den 
Schluß ziehen, daß sich die für die fragliche Warenart im allgemeinen gültigen 
Höchstpreise nicht auf die hier in Frage stehende besondere Qualität beziehen. ) 
Ist auch der Weg der Einholung einer Auskunft an amtlicher Stelle als 
der sicherste überall da geboten, wo begründete Zweifel hinsichtlich des Bestehens 
oder der Auslegung kriegsgesetzlicher Anordnungen gegeben sind, so darf dies 
doch nicht dazu führen, daß die von ernsthafter Seite gegebene private Auskunft 
dem Täter nirgend exkulpieren könne. Angesichts des unser ganzes Verkehrs- 
leben beherrschenden Prinzips von Treu und Glauben müßte eine derartige 
Auffassung als unbedingt abwegig bezeichnet werden. Es kann den Kaufmann 
nicht als tadelhaft charakterisieren, 4) daß er sich verlassen hat auf die Auskunft 
einer vertrauenswürdigen Person, die ihm bestimmte rechtlich wichtige Angaben 
über die Zusammensetzung der Ware gemacht oder behauptet hat, ihr sei von 
zuständiger Stelle die Nichterstreckung der Höchstpreise auf die in Frage stehende 
Ware versichert worden.5) 
  
12) Vgl. Urteil des III. Senats vom 17. April 1916, Sächf Arch. 1916 
S. 470 (471). 
13) So hat der II. Senat durch ein (unveröffentlichtes) Urteil vom 24. Oktober 
1916 (2 D. 323. 1916) das Fahrlässigkeit annehmende Urteil der Vorinstanz (Land- 
gericht I Berlin) aufgehoben, weil es einer Auskunftserteilung durch die Kriegs- 
Getreidegesellschaft gleichstehe, wenn diese, wie die Strafkammer als wahr unterstelle, 
„zu der hier fraglichen Zeit bei Verkäufen von minderwertigem, nicht mahlfähigem 
Roggen die zulässigen Höchstpreise überschritten habe“, und dies dem Angeklagten 
bekannt gewesen sei. 
14) Daß der Vorwurf der Fahrlässigkeit den Täter als tadelhaft charakterisiert, 
betonen scharf Exner, Das Wesen der Fahrlässigkeit 1910, S. 228; A. Köhler, 
Probleme der Fahrlässigkeit 1912 S. 22; Kohler d. a. O. S. 244. 
15) Treffend bemerkt Liepmann, Einleitung in das Strafrecht, S. 146: 
„Es handelt sich stets um die Entscheidung, ob der Handelnde demjenigen Maß 
von Umsicht entsprochen hat, das nach der allgemeinen, möglicherweise durch Sach- 
verständige festzustellenden Anschauung durch die Aufgabe des betreffenden Berufs 
geboten erscheint.“ Das schließt allerdings nicht aus — worin Liepmann 
abweicht —, die Individualität des Täters zu berücksichtigen. S. darüber im 
Text sub 4.
	        
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