Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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Wenngleich, wie wir bereits an anderer Stelle 190) gesehen haben, der Ge— 
schäftsherr weitestgehend für die Verfehlungen seiner Angestellten einzustehen hat, 
so darf doch nie die Prüfung unterlassen werden, ob man ihm eine den konkreten 
Fall umfassende Voraussehbarkeit zur Last legen kann. Auf den Gesamt- 
umfang der von ihm zu leistenden Arbeit ist deshalb stets besondere 
Rücksicht zu nehmen.) 
3. Schon aus der Betonung des an den Gewerbetreibenden anzulegenden 
strengeren Maßstabes bei Beurteilung der von ihm geschuldeten Sorgfalt ergibt 
sich, daß da, wo bei ihm eine fahrlässige Verletzung einer Kriegswucherbestim- 
mung festzustellen ist, nicht ohne weiteres ein gleiches von dem bei dem Geschäft 
als Abnehmer Beteiligten 1s) gesagt werden kann. Aber auch dem Ange- 
stellten ist nicht schon das zur Fahrlässigkeit zuzurechnen, was beim Chef als 
Fahrlässigkeit aufgefaßt werden muß. Der Kreis seiner Pflichten ist nicht so weit 
erstreckt wie der des selbständigen Gewerbetreibenden.) Deshalb kann es ihn 
auch unter Umständen exkulpieren, wenn er der Anweisung seines Chefs ent- 
sprechend gehandelt hat, ohne noch besonders zu prüfen, ob er sich nicht damit 
in Widerspruch zu den von den Kriegswucherbestimmungen an ihn gestellten 
Anforderungen setze.20) Wenn auch die Berufung auf die dem Angestellten 
obliegende Gehorsamspflicht ihn nicht schlechthin entschuldigt,1) so muß dieser 
Umstand doch bei der Entscheidung des Einzelfalls unbedingt mit in die Wag- 
schale geworfen werden.22) 
4. Aber auch wo der Täter das objektiv gebotene Maß von Sorgfalt 
nicht angewandt hat, darf er nicht ohne weiteres verurteilt werden, sondern nur 
dann, wenn er auch nach seinen individuellen Fähigkeiten die Pflicht- 
widrigkeit seines Tuns erkennen konnte. Das Vermeiden sollen setzt das 
  
16) Kapitel III unter III. oben S. 101. 
17) S. dazu das Urteil des IV. Senats vom 7. Mai 1915, L8. 1915 S. 899 
Nr. 1, wo das RG. ausdrücklich bemängelt, daß über den Umfang des betreffenden 
Geschäfts nichts festgestellt sei, so daß auch- nicht nachgeprüft werden könne, ob der 
Leiterin eine genaue Kontrolle des Gewichts jeder einzelnen Semmel möglich war. 
18) Daß er im Prinzip ebenfalls strafrechtlich zur Verantwortung gezogen 
werden kann, ist oben S. 94 gesagt. 
19) Das ist bei der Frage der Täterschaft näher erörtert worden. S. darüber. 
oben S. 102F ff. 
20) S. auch wegen der Verschiedenheit des individuellen Maßstabes das unten 
unter 4 Gesagte. 
21) Vgl. Urteil des I. Senats vom 5. Dezember 1883, Entsch. Bd. 10 S. 6 
auf S. 8. 
22) S. dazu Urteil des IV. Senats vom 23. März 1897, Entsch. Bd. 30 S. 25 
auf S. 28. Diese Bedeutung einer psychischen Abhängigkeit wird vom RG. in ganz 
ähhlicher Weise auch im Verhältnis der Ehegatten zueinander berücksichtigt, indem 
z. B. ein Urteil des IV. Senats vom 3. Juli 1903, Entsch. Bd. 36 S. 334 auf 
S. 342, ausdrücklich bemerkt: es müsse unbillig erscheinen, im Verhältnis zwischen 
Ehegatten unterschiedslos die höch sten Anforderungen an deren Willenskraft 
zu stellen.
	        
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