Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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gesetzten Delikts wird eine Selbständigkeit der Einzelhandlungen im Sinne 
des § 74 StGB. (Realkonkurrenz) verneint. Wann die Untergerichte das 
Begriffserfordernis eines einheitlichen Vorsatzes als erfüllt ansehen, ist so gut 
wie völlig ihrem subjektiven Ermessen überlassen. Denn das RG. faßt diese 
Frage im wesentlichen als eine rein tatsächliche auf.5) Da bei Vorliegen 
mehrerer Kriegswucherdelikte desselben Täters die Annahme einer fort- 
gesetzten Handlung der natürlichen Auffassung entspricht, wird ein fort- 
gesetztes Kriegswucherdelikt in der Praxis sicher häufig begegnen. 
Zu beachten ist, daß das RG. aus seiner Betonung der Einheitlichkeit des 
Vorsatzes als des den Tatbestand einer fortgesetzten Handlung begründenden 
Moments den Schluß zieht, daß fahrlässige Vergehen weder allein 
noch in Verbindung mit vorsätzlichen Vergehen zu einem fortgesetzten Delikt 
zusammengefaßt werden können.e) Immerhin besteht auf Grund der Recht- 
  
beginnt. Göbel (Strafgesetzbuch, Fußnoten zu §§ 73 und 74, S. 63 u. 64) hält 
freilich die Unterscheidung zwischen Einheit des Vorsatzes und Einheit des Ent- 
schlusses für so einleuchtend, daß er die „sonst so präjudizienfreudige Rechtsprechung 
der Untergerichte“ lebhaft schilt, weil sie sich noch heute meist mit dem „einheitlichen 
Willensentschluß" begnüge. Diesen hält er für „psychologisch unmöglich“. Es ist 
indes nicht einzusehen, weshalb „psychologisch" ein Entschluß unmöglich sein soll, 
der dahin geht, daß der Täter bei jeder sich ihm darbietenden Gelegenheit eine be- 
stimmte Handlung verüben will. Ein solcher einheitlicher Entschluß läßt sich vom 
Standpunkt der Psychologie aus gewiß nicht weniger vertreten als ein einheitlicher 
Vorsatz, dem die Kraft innewohnen soll, „sich während der Tat zu erweitern“ (siehe 
Entsch, des vereinigten II. und III. Senats vom 19. Dezember 1888, Entsch. Bd. 17 
S. 113), oder sein Gegenstück: der Vorsatz, der durch eine behördliche Warnung 
in zwei Teile gespalten wird (er begegnet in den unten in Anm. 9 zit. Ent- 
scheidungen). Das RG., das den Untergerichten es so schwer verübelt, wenn sie 
einmal statt von „Einheit des Vorsatzes“ von „Einheit des Entschlusses“ sprechen, 
fällt übrigens gelegentlich im Laufe der Erörterungen selbst in diese ganz natürliche 
Redeweise zurück, was z. B. auch bei dem in Anm. 9 zit. Urteil des I. Senats vom 
14. Juni 1915 zu beobachten ist. Auffallend ist, daß Frank zu § 74 sub V1 dr 
S. 184 im Prinzip an der Auffassung des RWG. über die Einheitlichkeit des Vor- 
satzes festhält, daß er dann aber in einen einheitlichen Vorsatz auch Vorgänge ein- 
bezieht, die nach der Auffassung des RG. nur einen einheitlichen Entschluß, nicht 
aber einen einheitlichen Vorsatz rechtfertigen können. 
5) Dementsprechend behilft sich die Praxis, um ihren Urteilen Revisionssicher- 
heit zu geben, in der Weise, daß sie da, wo sie auf Grund einer natürlichen Auf- 
fassung der Dinge zu der Annahme eines fortgesetzten Delikts gelangt, geradezu 
formularmäßig die „Einheitlichkeit des Vorsatzes“ feststellt. Schaden stiftet das 
(in der vorigen Anmerkung abgelehnte) vom R. als unentbehrlich bezeichnete 
Begriffserfordernis des einheitlichen Vorsatzes erst, wenn es, wie unsere folgenden 
Ausführungen ergeben, zwingt, bei fahrlässigen Delikten die Möglichkeit einer fort- 
gesetzten Handlung zu leugnen. 
6) IV. Senat vom 4. Januar 1887, Rechtspr. Bd. 9 S. 7 auf S. 8, II. Senat 
vom 14. Februar 1908, Entsch. Bd. 41 S. 98 auf S. 102. Üübereinstimmend Urteil 
des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 23. Februar 1905, Bd. 5 S. 264 auf
	        
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