Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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1. Denkbar ist, daß die Beiseiteschaffung eines von einer Aufforderung 
zur Uberlassung betroffenen Gegenstandes (8 6 Ziffer 3 Höchst Pr G.) zugleich 
einen Verstrickungsbruch im Sinne des § 137 StE#B. darstellt. 
Eine Beschlagnahme gemäß § 137 StGGB. wird nämlich unter Umständen 
schon in einer in den amtlichen Blättern veröffentlichten Anordnung der 
zuständigen Behörde gefunden werden können. Das zu einer „Verstrickung“ 
im Sinne des § 137 StG#. erforderliche Herrschaftsverhältnis der öffent- 
lichen Gewalt, wodurch dem von ihr Betroffenen seine private Verfügungs- 
gewalt entzogen wird, bedarf nicht zu seiner Begründung eines Aktes der 
staatlichen Autorität, der sich in einer Besitzergreifung äußern 
müßte.:) 
2. In Frage kommen kann auch die Konkurrenz eines Kriegswucher- 
delikts mit einem Vertragsbruch, der dem Täter als Armee= oder Not- 
standslieferant zur Last fällt, und der der Bestimmung des § 329 Sten B. 
unterliegt. Nach dieser Vorschrift ist zu bestrafen, wer die mit einer Behörde 
geschlossenen Lieferungsverträge über Bedürfnisse des Heeres oder der Marine 
zur Zeit eines Krieges oder über Lebensmittel zur Abwendung oder Be- 
seitigung eines Notstandes vorsätzlich entweder nicht zur bestimmten Zeit oder 
nicht in der vorbedungenen Weise erfüllt. Jeder Unterlieferant, Vermittler 
  
13) Daß dies die Auffassung des RG. ist, dürfte aus der Charakterisierung 
dieses Delikts in dem Beschluß der vereinigten Strafsenate vom 8. März 1893, 
Entsch. Bd. 24 S. 40 auf S. 52 zu entnehmen sein. Frank zu § 137 sub I 
S. 265 verlangt im Zweifel Besitzergreifung. Dem ist zuzustimmen, wenn das 
staatliche Machtverhältnis ohne eine tatsächliche Vollziehung des Imperativs 
nicht erkennbar ist. Die Zustellung einer einstweiligen Verfügung braucht deshalb 
mit dem II. Strafsenat des Kammergerichts vom 26. März 1909, Goltd Arch. Bd. 57 
S. 231, nicht für ausreichend erachtet werden. Wenn dieses Urteil dagegen 
schlechthin eine dingliche Beziehung zu der Sache verlangt, so geht das zu 
weit. Die von ihm berufenen Entscheidungen des RG. (III. Senat vom 5. De- 
zember 1889, Entsch. Bd. 20 S. 244 und IV. Senat vom 17. Februar 1893, Entsch. 
Bd. 24 S. 10) fordern diese dingliche Beziehung denn auch keineswegs unbedingt. 
Das letztzit. Urteil setzt vielmehr den Fall, daß ein Gewahrsam begründet ist, dem 
gleich, daß die zuständige Behörde zu der Sache „sonstwie in ein Herrschafts- 
Lerhältnis getreten ist“, a. a. O. S. 11, und auch das erstzit. Urteil läßt deutlich er- 
kennen, a. a. O. S. 247, daß es keineswegs nur bei Begründung einer tatsächlichen 
Beziehung zu den betreffenden Gegenständen die Voraussetzungen einer Verstrickung 
gemäß § 137 St G. für gegeben erachtet. Auf diese beiden Urteile beruft sich auch 
Binding, Lehrb. d. besonderen Teils II 2 S. 609 ff., der mit besonderer Energie 
ein „tatsächliches Machtverhältnis“ des Staates fordert. Ein tatsächliches Macht- 
verhältnis ist aber etwas ganz anderes als ein „symbolisches“, so daß, wenn 
Binding a. a. O. S. 611 selbst zugeben muß, daß in dem Fall des § 22 Abs. 2 
des Reichsgesetzes über die Zwangsversteigerung der Staat auf diese symbolische 
Weise seine Hand auf die beschlagnahmten Gegenstände legt, das Begriffserfordernis 
eines notwendig tatsächlichen Machtverhältnisses eigentlich schon von selbst auf- 
gegeben wird.
	        
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