Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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bestandes auf das Kreditgeschäft empfohlen.?») Das würde nun allerdings 
nicht rechtfertigen, wollte man für das geltende Recht den Sachwucher schlecht- 
hin auf Fälle beschränken, denen ein Kreditgeschäft zugrunde liegt, oder 
gar nur in solchen Fällen Sachwucher als gegeben annehmen, in denen ein 
Darlehnsgeschäft „verdeckt“ wird.#o) Immerhin wird man aber gerade mit 
Rücksicht auf die Dehnbarkeit der im § 302e StGB. enthaltenen Rechts- 
begriffe die historisch mit diesem Delikt verbundene Anschauung nicht aus 
den Augen lassen dürfen.s1) Sonst gelangt man zu einer übermäßigen Er- 
streckung gerade desjenigen allgemeinen Wuchertatbestandes, den einzu- 
engen aus sozialpolitischen und dem Charakter dieser Strafvorschrift zu ent- 
nehmenden Gründen dem Rechtsempfinden und dementsprechend der Gesetz- 
gebung geboten erscheint.?) Eine Rechtsprechung, der ein so auf den Spezial- 
fall zugeschnittener Tatbestand zur Verfügung steht, wie der Tatbestand des 
Preiswuchers im Sinne des § 5 Ziffer 1 Preis Steig VO. sollte deshalb 
nicht ohne zwingenden Grund daneben die Vorschriften über den Sachwucher 
zur Anwendung bringen. 
  
29) A. a. O. S. 257. 
30) Einer solchen Auffassung tritt mit Recht der I. Senat in einem Urteil 
vom 26. April 1894, Entsch. Bd. 25 S. 315, entgegen. 
31) Schon die Begründung zum Gesetz vom 19. Juni 1893, betreffend Er- 
gänzung der Bestimmung über den Wucher, Drucksachen des Reichstags Nr. 70 
S. 3 und 4, betont die Dehnbarkeit dieser Rechtsbegriffe, um darzulegen, daß einer 
allzu weiten Erstreckung des Tatbestandes vorgebeugt werden müsse. Die Begrün- 
dung glaubt, dies sei dadurch erreicht, daß das Moment der Gewerbs= oder Ge- 
wohnheitsmäßigkeit zum Tatbestandsmerkmal erhoben sei. 
32) Auch die Begründung zum Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetz- 
buch, a. a. O. S. 836, betont die Notwendigkeit der Einengung dieses Tatbestandes, 
da beim Barwucher nicht jene Gefahr für die Allgemeinheit vorhanden sei, die beim 
Kreditwucher in der Schaffung eines dauernden Bandes zwischen Gläubiger und 
Schuldner gefunden werden müsse. Ebenso wie die bisherige Gesetzgebung — 
s. die in der vorigen Anmerkung mitgeteilte Begründung zum Gesetz vom 19. Juni 
1893, das den Sachwucher für unser Recht zum erstenmal unter Strafe stellte — 
glaubt der Vorentwurf dem von ihm selbst hervorgehobenen Bedenken dadurch ab- 
zuhelfen, daß er an dem Tatbestandsmerkmal der Gewerbs= oder Gewohnheits- 
mäßigkeit festhält. Damit verkennt er aber die geringe Bedeutung, die diesem 
Merkmal in der Praxis innewohnt. Durch die Rechtsprechung des RG. hat dieser 
Begriff eine derartig weitgehende Auslegung erfahren, daß bei Geschäftsleuten 
diejenigen Handlungen, die nicht gewerbsmäßig begangen sind, geradezu eine Aus- 
nahme darstellen. Völlig spurlos sind die tiefgehenden Erörterungen Koffkas 
Die Reichswuchergesetze, Berlin 1894, S. 78 ff., die auf eine schärfere Erfassung 
dieses Merkmals, speziell für den Wuchertatbestand, hinzielten, an der Rechtsprechung 
des RG. vorübergegangen. Was ein Gesetzgeber im Jahre 1893 von dem Tat- 
bestandsmerkmal der Gewerbs= oder Gewohnheitsmäßigkeit des Wuchers erhoffte, 
dürfte daher einen Gesetzgeber in unseren Tagen nicht blenden. 
 
	        
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