Full text: Kriegswucherstrafrecht.

159 
  
seine Bestandteile so auszufüllen, daß es angewandt werden kann; anderer- 
seits auf seiten des ausfüllenden Gesetzes, daß es in Hinblick auf das Straf- 
gesetz geschaffen ist, so daß es ohne strafgesetzlichen Schutz eine lex imperfecta 
bleibt. Die Bestimmungen des HG#B. über die Buchführungs= und 
Bilanzierungspflicht, denen strafrechtlicher Schutz durch die Konkursordnung 
zuwächst, sind in diesem Sinne Teile der Strafbestimmungen der Konkurs- 
ordnung.7') Nicht auch die blankettausfüllenden Normen und die Ver- 
waltungsanordnungen, deren Schutz durch ein Strafgesetz erfolgt.“) Schon 
  
ganz abgesehen davon, daß die praktische Anwendung seines Rezepts zu den sub- 
tilsten, oft gar nicht mehr erkennbaren Unterscheidungen führt, selbst so viele und so- 
erhebliche Einschränkungen macht, daß von manchem zunächst ausgesprochenen 
Fundamentalsatz schließlich kaum etwas übrigbleibt. Wenn aber die Meister schon 
so über ihre eigenen Lehren stolpern, wie soll es dann den Schulbuben ergehen? 
Ich habe im Text versucht, die in der Rechtsprechung des RG. verschiedentlich 
betonte Unterscheidung zwischen dauernden und temporären Vorschriften für unser 
Problem besonders zu fruktifizieren, wenngleich ich natürlich zunächst den Straf- 
Lesetzbegriff so, wie er mir für den Fall des § 2 Abs. 2 St GB. gegeben erscheint, 
allgemein festlegen mußte. Der Betonung des möglicherweise temporären Cha- 
rakters eines Strafgesetzes wohnt ein feinempfundener und praktisch höchst wert- 
voller Gesichtspunkt inne (s. auch Merkel, Die Lehre vom Verbrechen und 
Strafe, herausgegeben von Liepmann, S. 348). Es ist deshalb zu bedauern, 
daß das RG. selbst ihn dadurch etwas hat zurücktreten lassen, daß es in ver- 
schiedenen Entscheidungen versucht hat, das Problem lediglich aus dem. Strafgesetz- 
begriff zu lösen, wobei es naturgemäß so viele Angriffspunkte geboten hat, daß seine 
Entscheidungen vielfach lebhaft angefochten sind, wodurch das Problem verdunkelt 
und eine Verständigung erschwert ist. 
Von den Schriftstellern, die aus Anlaß der Kriegsgesetze zu den hier inter- 
essierenden Fragen Stellung genommen haben, hat keiner das Problem als ganzes 
erkannt und behandelt. Sehr auffällig ist, daß E. Schmidt, Zeitschr. f. d. ges. 
Strafr Wissenschaft Bd. 37 S. 97, gegenüber Frank, 2L.. 1915 S. 5 (der dort 
das Problem nicht behandelt, sondern es nur in einem allgemeinen Aufsatz über 
„Krieg und Strafrecht“ gestreift hat), die Auffassung vertritt, daß nach Aufhebung 
der Kriegsgesetze eine Bestrafung aus ihnen nicht mehr möglich sein werde. Auf 
eine Auseinandersetzung mit der bisherigen Literatur hat Schmidt dabei so gut 
wie völlig verzichtet. Zu der Rechtsprechung des RG. in dieser Frage hat er über- 
haupt nicht Stellung genommen. 
7) Hier muß dann von einem milderen Gesetz gesprochen werden, wenn die 
Voraussetzungen, unter denen eine strafrechtliche Haftung in Frage kommt, durch 
eine Anderung des HGB. erschwert werden. Dem haben Rechnung getragen die 
Urteile des I. Senats vom 8. März 1900, Entsch. Bd. 33 S. 187 auf S. 190, 
des II. Senats vom 7. Dezember 1900, Entsch. Bd. 34 S. 37 auf S. 38. 
8) Über diese beiden Kategorien und ihre Unterscheidung vom gesetzes- 
technischen Standpunkt aus s. oben S. 119 . Es ist zu beachten, daß die Ab- 
grenzung vom gesetzestechnischen Standpunkt aus den formellen Strafgesetzbegriff 
berührt. Unter einem materiellen Strafgesetzbegriff betrachtet, besteht zwischen den 
beiden Kategorien kaum eine Wesensdifferenz.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.