Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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deshalb nicht, weil sie, wie bereits in anderm Zusammenhang klargelegt ist,) 
unabhängig von dem Strafgesetz, dessen Ausfüllung sie dienen, existieren 
können. Außerdem trifft auf sie in ausgesprochener Weise gerade jenes 
Charakteristikum nicht zu, das, wie unsere folgenden Ausführungen zeigen, 
für den Strafgesetzbegriff im Sinne des § 2 Abs. 2 St G. von entscheidender 
Bedeutung ist. 
2. Strafgesetz oder — was ihm nach vorstehendem für unser Problem 
gleichzusetzen ist — Teil eines Strafgesetzes kann nach Sinn und Zweck des 
§ 2 Abs. 2 St G. nur ein solches Gesetz sein, das ein zeitlich unbes 
schränktes Pflichtgebot enthält. Die ratio des § 2 Abs. 2 StGGB. ist 
unter Beachtung des Abs. 1 dieser Vorschrift, entsprechend den Motiven zum 
St GB., nämlich darin zu finden, daß es unbillig und mit dem Zweck der 
Strafe nicht zu vereinen wäre, wenn der Täter die in einem Gesetz angedrohte 
Strafe auch dann noch erleiden sollte, wenn der Gesetzgeber inzwischen die 
in jenem Gesetz mit Strafe bedrohte Handlung durch ein neues Gesetz für 
weniger oder gar nicht mehr strafwürdig erklärt hat.1o) Auf einer Miß- 
billigung einer vom Gesetzgeber bisher vertretenen Rechtsanschauung beruht 
hier die Rechtsänderung. Davon kann aber naturgemäß nicht gesprochen 
werden, wenn ein Strafgesetz vermöge der ihm von vornherein durch seinen 
eigenen Inhalt gegebenen zeitlichen Geltungsdauer von selbst in Weyhfall 
kommt.41) 
a) Die Natur eines Strafgesetzes als eines temporären kann sich aus 
einer ausdrücklichen Erklärung des Gesetzes ergeben. Sie kann sich aber auch 
im Wege der Auslegung dadurch feststellen lassen, daß bestimmte Zeitverhält- 
nisse zu seiner Entstehung führten, wie das speziell bei Kriegsstrafgesetzen der 
Fall ist.) Schon die gewählte Gesetzestechnik kann den Willen des Gesetz- 
gebers, für eine Vorschrift eine nur temporäre Bedeutung in Anspruch zu 
nehmen, erkennen lassen. Wo das Gesetz zur Ausfüllung seines Inhalts auf 
  
)GS. oben S. 123. 
10) S. RG. II. Senat vom 12. Januar 1886, Entsch. Bd. 13 S. 249 auf 
S. 251, III. Senat vom 15. Januar 1891, Entsch. Bd. 21 S. 294, IV. Senat vom 
7. April 1899, Entsch. Bd. 32 S. 110 auf S. 112 f., V. Senat vom 11. November 
1913, Entsch. Bd. 47 S. 414 auf S. 416, OLG. München vom 5. Februar 1891, 
Entsch, des OLG. München Bd. 6 S. 395 auf S. 398 (wo die Entstehungsgeschichte 
der Vorschrift in besonders eingehender Weise zur Begründung herangezogen ist), 
KG. vom 3. November 1890, Goltd Arch. Bd. 38 S. 361, OLG. Jena vom 1. April 
1885, zit. bei Goltd Arch. Bd. 38 S. 361 Anm. 1. 
u) S. besonders die in der vorigen Anmerkung zit. Entsch. Bd. 32 S. 113 und 
Bd. 21 auf S. 295 f. · 
12) Mit diesem Gesichtspunkt hat das RG. auch in der vielfach angefochtenen, 
zum Sozialistengesetz ergangenen bereits oben angeführten Entscheidung in Bd. 21 
S. 294 operiert. Das mochte vielleicht dort nicht am Platze sein, weil nicht eine 
Anderung der tatsächlichen Verhältnisse, sondern der Rechtsanschauung in Frage 
stand. S. dazu Frank zu § 2 sub V 25.
	        
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