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soll die Ware herausgelockt werden, für die dem Besitzer Höchstpreise vor—
geschrieben sind, wenn er sie in den Verkehr bringen will.
Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Käufers ist die Regel. Aus-
nahmen müssen bei besonderer Artung der Verhältnisse zugelassen werden. Zu-
nächst soweit eine ausgesprochene' Notlage den Käufer zur Zahlung der Überpreise
veranlaßte. Man braucht, um diese Entscheidung zu geben, nicht eine prinzipielle
Lösung der Streitfrage zu versuchen, ob eine analoge Anwendung des § 54
St# G. schlechthin unzulässig ist, d. h. ob der Entschuldigungsgrund des Not-
standes der Vorschrift des § 54 entsprechend nur anzuerkennen ist, wenn die
Handlung „zur Rettung aus einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben
des Täters oder eines Angehörigen“ erfolgte. Denn da die Einbeziehung des
Käufers als tauglichen Subjekts der Täterschaft auf einer Auslegung der ratio-
des Gesetzes beruht, darf die Strafbarkeit des Käufers auch nicht weitergreifen,
als es mit den Grundgedanken des Gesetzes vereinbar ist. Deshalb muß sie
ihre Begrenzung finden, wo wahre Not den Käufer zur Bezahlung des ihm
abgeforderten Überpreises bestimmte. Der Gesichtspunkt eines die Versorgung
der Allgemeinheit gefährdenden Uberbietens der Mitbewerber versagt eben in
diesem Fall. Die Bestrafung des Käufers müßte hier sinnlos erscheinen, wes-
halb sie nicht dem Gesetz als von ihm gewollt untergelegt werden kann.
Nicht anders darf entschieden werden, wenn der Käufer den ihm ab-
verlangten Preis nur gezahlt hat, um den Verkäufer der gerichtlichen Be-
strafung zuzuführen. Zwar kann hier, da allein die formale Deliktsvollendung
entscheidet, nicht schon wegen einer etwa fehlenden Absicht des Täters die
Schuld verneint werden.20) Entscheidend muß aber sein, daß sich der Täter
hier in den Dienst der Allgemeinheit gestellt hat, der gerade das Höchst Pr G.
das Durchhalten ermöglichen will.-0)
Vor allem muß aber die Strafbarkeit des Käufers verneint werden, wenn
es ihm nur bei Zahlung der ihm abverlangten Preise möglich war, wichtigeren
öffentlichen Pflichten gerecht zu werden, z. B. das von ihm zur Erfüllung von
29) Daß es Fälle gibt, wo selbst der agent provocateur, der es zur Vollendung
hat kommen lassen, wegen Fehlens einer bestimmten vom Gesetz verlangten Absicht
straflos bleiben muß, entwickelt Kohler, Goltd Arch. Bd. 55 S. 6. Eine soche
Absicht wird aber vom Höchst Pr G. nicht verlangt.
30) In einem solchen Fall hat ein Urteil der Ferienstrafkammer des Land-
gerichts Chemnitz vom 11. August 1916, Aktenzeichen 2. B. v. 28. 16, den an-
geklagten Käufer freigesprochen, nachdem es für zweifelsfrei erwiesen erachtet hat,
daß der Käufer schon beim Kaufabschluß die Zurückforderung des zuviel gezahlten
Betrages in Aussicht genommen hatte. Das Urteil, das von der Staatsanwaltschaft
nicht angefochten worden ist, ist wie folgt begründet: Da das Publikum tagtäglich
aufgefordert werde, den Behörden in Ansehung der Kriegsstraftaten mit Anzeißen
und Beweisen an die Hand zu gehen, so müsse es den Angeklagten schützen, wenn
er sich daraufhin zu seinem Vorgehen für berechtigt gehalten habe. Wegen des
allgemeinen Rechtsgedankens, auf den diese Erwägung zurückgeführt werden muß,
s. die nächste Anmerkung.