Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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Verfügungen solche Verfügungen gleichgestellt, die im Wege der Zwangs- 
vollstreckung oder Arrestvollziehung erfolgen. Dadurch, daß alle diese Ver- 
fügungen als nichtig angesehen werden, wird die Anwendung derjenigen Vor- 
schriften des BG#B. ausgeschieden, die den guten Glauben desjenigen schützen, 
der Rechte von einem Nichtberechtigten herleitet. Der Erwerb der von solcher 
Aufforderung betroffenen Gegenstände ist also ohne Rücksicht auf einen etwaigen 
guten Glauben des Erwerbers zivilrechtlich nicht geschützt. 
Das Gesetz hat sich nun nicht damit begnügt, durch die gezeigten weit- 
gehenden zivilrechtlichen Vorschriften der Entziehung von Gegen- 
ständen vorzubeugen, die von der Aufforderung zur Überlassung betroffen 
werden: es hat daneben auch strafrechtlich denjenigen bedroht, der einen 
Gegenstand, der von einer Aufforderung betroffen ist, beiseite schafft, beschädigt 
oder zerstört (§ 6 Ziffer 3 Höchst Pr G.). 
II. 1. Eine Aufforderung im Sinne der vorliegenden Vorschrift muß sich 
beziehen auf Gegenstände, die sich im Besitz des Adressaten der Aufforderung 
befinden. Dabei wird man allerdings den Begriff des Besitzes im weitesten 
Umfange zu fassen haben, ihn also sowohl auf den mittelbaren als den unmittel- 
baren Besitz beziehen müssen. Man wird allerdings nicht darüber hinaus zur 
Begründung des Besitzbegriffs ein Moment verwerten dürfen, das bei Zu- 
grundelegung des technischen Besitzbegriffs des BG#. unverwertbar ist: nämlich 
das Moment einer ökonomischen Zugehörigkeit. Wer Waren gekauft hat, mag 
als ihr Besitzer im Sprachgebrauch des gewöhnlichen Lebens gelten. Besitzer 
im rechtlichen Sinne des BG. ist er aber nur dann, wenn der Verkäufer die 
Ware als Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis für ihn besitzt (Be#. 
§ 868). Davon kann keine Rede sein, wenn es sich um Gattungsware handelt, 
die der Kleinhändler von dem Großhändler gekauft hat, der sie in großen 
Quantitäten auf seinen Speichern oder sonstwo aufbewahrt. In einem solchen 
Falle wird man im Sinne des Höchst Pr G. nicht davon sprechen können, daß 
der Kleinhändler Besitzer gemäß § 2 Höchst Pr G. sei. Besitzer im Sinne des 
§ 2 Höchst Pr G. ist ferner nur der, der zugleich Eigentümer ist. Andernfalls 
hätte das Gesetz (s 2 Abs. 1 Höchst Pr G.) nicht die Vorschrift treffen können, 
daß das Eigentum an den Dritten übergeht, sobakd die Anordnung dem Be- 
sitzer zugeht. 
2. Eine Aufforderung an den Besitzer zur Überlassung der Gegenstände 
setzt voraus, daß der Antrag einer Person vorliegt, die die Übertragung an 
sich verlangen kann und verlangt. Dementsprechend hat das R. das Vor- 
liegen einer Aufforderung auf Grund des § 2 Abs. 2 Höchst Pr G. in einem 
Falle verneint, in dem an den Besitzer von Hafer die Aufforderung gerichtet 
war, 16 Zentner Hafer in guter Ware an das Proviantamt zu M. zu liefern.:) 
Denn jedenfalls war das Proviantamt zur Stellung eines solchen Antrags 
nicht legitimiert, da nach der Preußischen Ausführungsbestimmung (Art. 4 
Nr. 3) diese Anträge nur von Kommunen gestellt werden können. 
  
2) S. Urteil des V. Senats vom 13. Juli 1915, JW. 1915 S. 1444.
	        
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