Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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Großhandelskalkulation und Kleinhandelskalkulation gehen zuweilen in 
der Praxis ineinander über.!) Wo der den kleinen Nutzen des Großhändlers 
rechtfertigende Gesichtspunkt (großer und schneller Umsatz) im Einzelfall 
fehlt, wird auch der Händler, dessen Geschäftsbetrieb seinem Gesamttypus nach. 
als Großhandel anzusehen ist, bei seiner Gewinnberechnung in durchaus ehr- 
barer Weise mehr oder minder dahin tendieren, das Geschäft als Kleinhandels- 
geschäft zu kalkulieren. Die gesamten inneren und äußeren Verhältnisse, vor 
allem auch die Natur des Handelszweigs und die Menge des einzelnen Waren- 
quantums sind also im Einzelfall mitzuwägen, wenn zu prüfen ist, ob es eine 
Überschreitung des angemessenen Gewinns bedeutet, wenn der für den 
Normalfall des Großhandels übliche Kalkulationssatz überschritten worden ist. 
Die für den Kleinhandel, wie oben festgestellt, übliche Berechnung der 
Prozentsätze vom Verkauf mag zunächst auffallen.5) Die Erklärung für 
diese Berechnungsmethode ist indes höchst einfach in der Tatsache zu finden, 
  
Selbst der typische „Okkasionshändler“ des Krieges wird in der Regel nicht darauf 
verzichten, die eigene Verfügungsmacht über die Ware zu erlangen, er wird ferner 
in der Regel nicht weniger als der ehrbare Kaufmann eigenes Kapital aufwenden 
und ebenfalls regelmäßig das Risiko des Verlustes oder der nicht rechtzeitigen 
Lieferung zu tragen haben. Alles das, was das RG. dabei aus der Warenlnappheit 
herleitet, um zu begründen, daß der sogenannte Kriegshandelsvermittler eine 
mindere wirtschaftliche Tätigkeit ausübe, läßt sich häusig für jeden NRaufmann in 
der Jetztzeit sagen, so daß es zweifelhaft ist, ob man dem R. auch nur zubilligen 
kann, daß ein Unterschied quantitativer, nicht auch qualitativer Art bestehe. (Das- 
tut Nord in „Recht und Wirtschaft“ 1917 S. 2011, der im übrigen in ganz vor- 
züglicher Weise die vom RG. aufgestellten Unterscheidungsmerkmale einer Kritik 
unterzieht.) Die Folge ist, daß die Untergerichte dazu neigen, da, wo sie gefühls- 
mäßig den in Frage stehenden Nutzen in Hinblick auf die sonstige geschäftliche 
Tätigkeit des Angeklagten als zu hoch empfinden, diesen Nutzen unter den vonr 
RG. an Hand gegebenen Gesichtspunkten zu beanstanden und eine „Vermittler- 
tätigkeit“ festzustellen, während sie in Fällen, in denen der Handelsvorgang sich 
völlig analog abgespielt hat, der Täter aber nicht suspekt erscheint, den Nutzen 
unbeanstandet lassen. Oft mag hier das gesunde Rechtsgefühl das Richtige treffen; 
aber wer wollte leugnen, daß eine auf solcher schwanker Grundlage aufgebaute 
Rechtsprechung der Rechtssicherheit nicht förderlich sein kann? 
18) Daß eine möglichst scharfe Trennungslinie zwischen Großhandel und Klein- 
handel zu ziehen ist, wvo Höchstpreise für die beiden Handelsklassen festgesetzt 
sind (s. oben S. 32 f.), ist eine Frage für sich. Dafür bedarf es denn aber auch, wie 
wir sahen, zuweilen einer besonderen gesetzlichen Regelung, die besagt, wann wegen 
der Menge der gehandelten Ware für die Höchstpreisfrage der Kleinhandel in Groß- 
handel übergeht. - 
19)DievorstehendangegebenenSchriftstellerhaben,soweitderKleinhandek 
in Frage steht, den Prozentsatz ausnahmslos vom Verkauf angegeben. Diese 
Methode der Berechnung hat Jul. Hirsch übrigens auch in seinem „Warenhaus 
in Westdeutschland“", Leipzig 1910, S. 75, befolgt. Nach dem Referat von 
Jul. Hirsch auf der Tagung der Reichs= und Landespreisstellen vom 7. August 
1916, mitgeteilt in den Mitt. für Preisprüfungsstellen 1916 Nr. 11 S. 111, hat 
auch der Kleinhandelsausschuß einer großen Handelskammer noch neuerdings erklärt, 
daß der Satz vom Verkaufspreis berechnet werden müsse. Wegen der Stellung,
	        
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