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Gewinns „insbesondere“ zu berücksichtigenden Umstandes verweist ausdrücklich
auch die PreisSteigVO.: deutlich damit klarstellend, daß die Spanne zwischen
Selbstkostenpreis und Verkaufspreis die Ubermäßigkeit des Gewinns
nicht allein entscheidet. Ein großer Gewinn braucht nicht auch ein un-
gerechtfertigter zu sein; beides muß aber von einem Gewinn gesagt werden
können, auf den das kaufmännisch-ethische Mißbilligungsurteil der UÜber-
mäßigkeit zutreffen soll. Erst die Abweichung von dem, was der Marktlage
entspricht, kann nach den Anschauungen der Friedenswirtschaft einen kauf-
männischen Gewinn zu einem ungerechtfertigten machen.s)
a) Es fragt sich, inwieweit dies auch für die Kriegswirtschaft zu-
trifft. Denn daß es für sie in völlig gleicher Weise gelte, ist durch den aus-
drücklichen Hinweis der Preis Steig MO. auf die Marktlage noch nicht gesagt-
Ob die Kriegswirtschaft überhaupt eine Marktlage im eigentlichen Sinne
kennt, wird zunächst zu prüfen sein. Wir werden im folgenden sehen, daß
sich neuerdings in der Strafrechtspflege eine Richtung dahin geltend macht-
die Marktlage der Kriegswirtschaft schlechthin als eine Notmarkt-
lage zu bezeichnen und ihr deshalb den Charakter einer Marktlage im Rechts-
finn abzusprechen. Mit dieser Judikatur ist ein seltsamer Zwiespalt in der-
Rechtsprechung verbunden. Soweit in Strafsachen Recht gesproche#n
wird, wird geleugnet, daß von einer Marktlage überhaupt gesprochen werden
dürfe, soweit in Zivilsachen Recht gesprochen wird, wird eine Marktlage-
anerkannt und dem „Unmöglichkeit“ vorschützenden Lieferungsverpflichteten
entgegengehalten, daß die Ware wohl zu beschaffen sei, denn es bestehe für sie
ein Marktpreis.)
b) Der Begriff des Marktpreises ist aber ein in der Rechtsprechung fest-
stehender. Die Rechtsprechung der Zivilsenate des RG. hat ihn dahingehend
bestimmt, daß es derjenige Preis sei, „der sich aus der Vergleichung der über-
die betreffende Ware an dem Marktplatze zur fraglichen Zeit geschlossenen
größeren Zahl von Geschäften ergibt“."o) Wo danach über eine bestimmte-
Warengattung eine Reihe von Geschäften abgeschlossen ist, muß für diese-
Warengattung das Bestehen eines Marktpreises anerkannt werden. Der-
Marktpreis kann so nicht nur für verschiedene Plätze verschiedn sein; es kanm
auch vorkommen, daß von zwei Plätzen nur der eine einen Marktpreis hat.
Wo aber ein Marktpreis auf Grund von Angebot und Nachfrage-
festzustellen ist, redet man von einer Marktlagez unter dieser allerdings.
auch die Skala der verschiedenen Marktpreise verstehend.##)
38) Hiervon geht auch der Wucherbegriff des StGB. aus. Deutlich läßt denn
auch das Urteil des IV. Senats vom 29. September 1896, Entsch. Bd. 29 S. 78
(auf S. 84), erkennen, daß nach der Auffassung des RG. ein Sachwucher im Sinne-
des § 302e StG#B. jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn für das, was dem Ab-
nehmer nach dem Vertragswillen der Beteiligten als Leistung betschafft werden soll,
nicht mehr zu zahlen ist als dem Marktpreis entspricht.
35%) S. Urteil des II. Zivilsenats vom 21. Mai 1916, DJZ. 1916 S. 815.
40) S. Urteil des I. Zivilsenats vom 23. Januar 1895, Entsch in Zivilsachen
Bd. 34 S. 121.
41) Daß ein wesentlicher Begriffsunterschied zwischen Morktlage und Markt-