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wärtig bedingenden Verhältnisse zu finden ist. Konkreter
gesprochen: soweit die Ware schwerer als in Friedenszeiten zu dem Verbraucher
gelangt, weil sie nur auf dem Wege des Imports bzw. eines erschwerten Im-
ports zu erlangen ist, oder vom Produzenten nicht, wie in Friedenszeiten, selbst
auf den Markt gebracht gebracht wird, wie dies bei landwirtschaftlichen Produkten,
z. B. Geflügel, vielfach der Fall ist, brauchen Personen, die die Ware hervor-
holen, um sie in den Verkehr zu bringen, nicht notwendig als „Kettenhändler“
bezeichnet werden. Kann so die Warenknappheit unter Umständen die Zahl der
in den Umlauf der Ware eingreifenden Personen in einwandfreier Weise ver-
mehren, so wird sie in anderen Fällen zu ihrer Verminderung führen müssen:
nämlich dann, wenn die Ware, weil die Konkurrenz der Verkäufer fehlt, leichter
in den Verkehr gelangt. Jedenfalls: wo das Moment der schuldhaften Ver-
zögerung der Warenverteilung fehlt, kann von Kettenhandel nicht gesprochen
werden.8a) « 1
Danach ist der Kettenhandel zu definieren als: das schuldhafte
preissteigernde, auf einer unlauteren Ausnutzung der
Kriegswirtschaftsverhältnisse beruhende sukzessive
Eingreifen einer Mehrzahl von —als Funktionären des
Handelsverkehrs meist gleichstehenden — Personen in
den Umlauf der Ware.))
Za) S. dazu insbes. das sich der hier vertretenen Auffassung anschließende
Urteil des Kammergerichts vom 4. September 1917 in JW. 1917 S. 938 und meine
Fußnote zu diesem Urteil daselbst. Aber auch die unten in Anm. 9 cit. Urt. des
RG. stehen dem nicht entgegen.
") Abzulehnen als zu weitgehend und zu wenig bestimmt ist die Definition.
von Falck a. a. O. 1. Aufl. S. 54, 2. Aufl. S. 91: „Kettenhandel ist schlechthin
jede Einschiebung eines wirtschaftlich unnützen Zwischengliedes in den Ver-
teilungsprozeß der Warec.“ Der Kettenhändler ist gewiß ein wirtschaftlich unnützes
Zwischenglied, aber nicht jedes wirtschaftlich unnütze Zwischenglied ist Ketten-
händler. Auch in der Friedenszeit gab es nach- dem Urteil der Volkswirtschaftler
wirtschaftlich unnütze Zwischenglieder (s. dazu oben Anm. 6), ohne daß man diese
nunmehr ohne weiteres als Kettenhändler bezeichnen dürfte. Besonders gefährlich
wird die Begriffsbestimmung Falcks unter Berücksichtigung seiner (oben Anm. 3
zurückgewiesenen) Auffassung, nach der es nicht darauf ankommen soll, ob das
Zwischenglied in unlauterer Weise in den Handel eingeschaltet ist. Der
IV. Strafsenat hat in seinem Urteil vom 23. März 1917 E. 50 S. 261 (270) = IW.
1917 S. 727 als Merkmal des Kettenhandels noch ausgenommen, daß das Ein-
schieben „für die allgemeinen Bedürfnisse der Kriegswirtschaft unnütz ist und
lediglich aus eigensüchtigen Interessen erfolgt“. Wie das Urteil desselben Senats
vom 15. Juni 1917 in Mitt. f. Preisprüfungsstellen 1917 S. 132 (133) zeigt,
erachtet der Senat eine wirtschaftlich nützliche Tätigkeit unter Umständen schon dann
für gegeben, wenn die Ware lediglich einem anderen Verbraucherkreis zugeführt
ist, als demjenigen, an den sie sonst gekommen wäre. In beiden Urteilen wird
anerkannt, daß sich zwischen Erzeuger, Großhändler und Kleinhändler möglicher-
weise als wirtschaftlich nützliche Zwischenglieder einschieben konnen: der Importeur,
der Halbgroßhändler und der Platzgroßhändler. Neben dem „großen“ Groß-
händler ist also der „kleine“ Großhändler, der die Verteilung an bestimmte Arten
von Kleinhändlern — die sich örtlich dder nach dem Umfang ihres Geschäfts oder