94 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
Instanz (Ges. über das Kons.-Ger. vom 7. April 1900 RBl.
S. 213, § 72.),
e) auf Strafurteile von Schutzgebietsgerichten als erster Instanz
(Schutzgebietsges. vom 25. Juli 1900, Rel. S. 812, § 3),
t) auf Disziplinar-Strafurteile gegen Reichsbeamte (RBG. vom
31. März 1878 § 118),
8) auf Strafurteile der Elsaß-Lothringischen Gerichte als erster In-
stanz und zwar als Kaiserl. Landesherr (vgl. Ges. vom 4. Juli 1879,
RGl., S. 166, § 1). Betreffs der Geldstrafen ist das Begnadigungs-
recht dem Statthalter übertragen.
In Elsaß-Lothringischen Strafsachen steht dem Kaiser auch das
Abolitionsrecht zu, welches sonst ihm reichsgesetzlich nicht gegeben ist.
Der Kaiser hat, da er das Reich völkerrechtlich zu vertreten hat,
Bündnisse und andere Verträge mit fremden Staaten abzuschließen,
Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen (Art. 11), Konsuln anzu-
stellen und das gesamte Konsulatwesen zu beaufsichtigen (Art. 56),
auch liegt ihm die staatsrechtliche Vertretung des Reichs gegenüber
einem Gliedstaate ob. Nur bedarf er bei Kriegserklärungen, sofern
nicht schon ein Angriff des Feindes auf das Bundesgebiet oder dessen
Küsten erfolgt ist, der Zustimmung des Bundesrats, und ferner ist bei
Verträgen, die der Zuständigkeit des Reichs unterstellte Rechtsgebiete
(Art. 4) betreffen, zum Abschlusse (vorgängige) Zustimmung des Bundes-
rats und zur Gültigkeit (nachträgliche) Genehmigung des Reichstags
erforderlich (Art. 11 Abs. 2 u. 3).
Die Bedeutung des Art. 11 Abs. 2 und 3 ist streitig. Es frägt
sich nämlich, ob bei den dort bezeichneten internationalen Staatsakten
das Erfordernis der Zustimmung bezw. Genehmigung des Bundesrats
oder Reichstags bloß die innere staatsrechtliche Gültigkeit oder auch
die äußere, öffentlichrechtliche Gültigkeit berühren. Die herrschende
Meinung (Laband 8 61 zu 1, 6, Reincke, Die Verfassung S. 152
zu Art. 11 a. E.) nimmt an, daß durch die Vorschriften des Abs. 2
und 3 die Legitimation des Kaisers zur völkerrechtlichen Vertretung
des Reichs nicht eingeschränkt werden sollte, sondern ihm nur die
staatsrechtliche Verpflichtung auferlegt werden soll, zu den
gedachten Staatsakten die Zustimmung bezw. Genehmigung einzuholen.
Fehlt diese Zustimmung bezw. Genehmigung, so sind diese Akte staats-
rechtlich ungültig; ihr völkerrechtlicher Bestand wird aber, da sie nach
außen hin durch die Ratifikation perfekt werden, nicht berührt.
3. Der Kaiser ist nicht Beamter des Reichs, unverantwortlich,
unabsetzbar und niemand untertan.
Gemäß Art. 68 RV. kann der Kaiser, wenn die öffentliche Sicher-
heit im Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Teil desselben in Kriegs-
zustand erklären. Bis zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die Form
der Verkündigung und die Wirkung einer solchen Erklärung regelnden
Reichsgesetzes gelten dafür die Vorschriften des preuß. Gesetzes vom
4. Juni 1851 (GS. (1851) S. 451). Hiernach ist mangels einer
besonderen Beschränkung in der RV. und mit Rücksicht auf die Bezug-
nahme auf das preuß. Gesetz von 1851 anzunehmen, daß der Kaiser den