Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

98 2 Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches. 
Die Mitglieder der anderen Ausschüsse werden vom Bundesrate gewählt 
und zwar für je eine Session, bezw. ein Jahr; doch ist Wiederwahl zulässig. 
Innerhalb sämtlicher Ausschüsse führt jeder Staat nur eine Stimme. 
III. Geschäftsgang. 
1. Der Bundesrat bedarf zu seiner Tagung der kaiserlichen Berufung. 
Er muf alljährlich durch den Kaiser berufen werden (RV. Art. 13 u. 14. 
und zwar: 
8 in jedem Jahre mindestens einmal (RV. Art. 13); 
b) wenn der Reichstag versammelt wird (RV. Art. 13); 
c) ohne den Reichstag zur Vorbereitung der Arbeiten; 
ch 5 Verlangen eines Drittels der Stimmenzahl (S— 20) (RV. 
Art. 14). 
2. Leitung und Vorsitz liegt dem vom Kaiser zu ernennenden 
Reichskanzler ob, der sich vermöge schriftlicher Substitution durch 
jedes andere Bundesratsmitglied vertreten lassen kann (RV. Art. 15). 
Der Bundesrat beschließt — abgesehen von gewissen Fällen — mit 
einfacher Mehrheit der vertretenen Stimmen r. Art. 7). Jeder 
Bundesstaat kann die ihm zustehenden Stimmen nur einheitlich ab- 
geben (RV. Art. 6 i. f.). Eine Beschlußfähigkeitsziffer sogen. Quorum ½), 
wie beim Reichstage, besteht nicht. 
Nicht vertretene oder nicht instruierte Stimmen werden nicht gezählt. 
Bei Stimmengleichheit gibt die Präsidialstimme den Ausschlag (NV. 
Art. 7 Abs. 3). 
Bei der Beschlußfassung über eine Angelegenheit, welche nach den 
Bestimmungen der Verfassung nicht dem ganzen Reiche gemeinschaft- 
lich ist, werden die Stimmen nur derjenigen Bundesstaaten gezählt, 
welchen die Angelegenheit gemeinschaftlich ist (RV. Art. 7 Abs. 4). 
Ein besonderes Stimmenverhältnis ist vorgeschrieben in folgen- 
den Fällen: 
a) Verfassungsändernde Gesetze gelten als abgelehnt, wenn sie 
14 Stimmen gegen sich haben (RV. Art. 78 Abs. 1). 
b) Diejenigen Vorschriften der Reichsverfassung, durch welche be- 
stimmte Rechte einzelner Bundesstaaten in deren Verhältnis zur Gesamt- 
heit festgestellt sind, konnen nur mit Zustimmung des berechtigten 
Bundesstaates abgeändert werden (NV. Art. 78). 
) Bei Gesetzesvorschlägen über das Militärwesen, die Kriegsmarine 
und die im Art. 35 bezeichneten Abgaben gibt, wenn im Bundesrate 
eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, die Stimme des Präsidiums 
den Ausschlag, wenn sie sich für die Aufrechterhaltung des bestehenden 
Zustandes ausspricht (RV. Art. 5 Abs. 2). 
d) Einstimmigkeit ist erforderlich bei Abänderung des Bundes- 
vertrages. 
IV. Kompetenz. 
Die Zuständigkeit des Bundesrates erstreckt sich auf alle 
Gebiete, welche nicht einem anderen Organe des Reiches ausdrücklich 
überwiesen sind. Er ist: 
  
4) NV. Art. 28.
	        
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