108 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
lichen Abstimmung nicht teilnimmt, gilt im Sinne dieses Gesetzes
als abwesend, auch wenn er sich in die Liste eingetragen hat (§ 4).
Ein Verzicht auf die Aufwandsentschädigung ist unzulässig. Der An-
spruch auf Aufwandsentschädigung ist nicht übertragbar (§ 8).
III. Führung und Erledigung der Geschäfte durch den Reichstag.
Nach Art. 27 Satz 2 N. regelt der Reichstag seinen Geschäfts-
gang und seine Disziplin durch eine Geschäftsordnung.
Letztere bildet eine autonome Satzung, der einerseits die Mitglieder
des Reichstages unterworfen sind, und die anderseits auch nur von
diesen selbst abgeändert werden kann.
Die jetzt bestehende Geschäftsordnung, welche im wesentlichen auf
derjenigen des Norddeutschen Bundes basiert, ist neu redigiert worden
am 10. Februar 1876. (Vgl. Perels, Das autonome Reichstagsrecht.
Berlin, 1905.)
Behufs ordnungsmäßiger Erledigung der Geschäfte des Reichstages
sind verschiedene Amter eingerichtet:
a) Ehrenämter: des Präsidenten und zweier Vizepräsidenten,
welche mit absoluter, der acht Schriftführer, die mit relativer Stimmen-
mehrheit vom Reichstage gewählt und der zwei Quästoren, welche für
Kassen= und Rechnungswesen vom Präsidenten ernannt werden (GO.
§§ 9, 10 und 16).
Den Vorsitz führt in den Sitzungen der Präsident. Den einst-
weiligen Vorsitz führt bei Beginn der Legislaturperiode das älteste
Mitglied, bei Beginn einer sonstigen Session der letzte Präsident.
b) Besoldete Amter. Das Verwaltungs= und Dienstpersonal,
über dessen Annahme und Entlassung der Präsident zu beschließen hat
(GO. § 14), welcher auch die vorgesetzte Dienstbehörde desselben ist
(§ 156 des RBG.)). Die Beamten selbst haben die Rechte und
Pflichten der Reichsbeamten.
Die Erledigung der Vorlagen, gestellten Anträge und sonstigen Auf-
gaben, welche in den Abteilungen und Kommissionen vorbereitet wird,
erfolgt durch das Plenum des Reichstages.
Es werden durch das Los 7 Abteilungen mit möglichst gleicher
Mitgliederzahl gebildet, welche die Wahlen der Abgeordneten zu prüfen
und die Wahlprüfungskommission zu wählen haben.
Es bestehen ferner Kommissionen, in welche jede Abteilung die
gleiche Anzahl Mitglieder, aber nicht notwendig aus ihrer Mitte ent-
sendet. Die Zahl der Kommissionsmitglieder ist daher stets durch 7
teilbar. Die Kommissionen werden, mit Ausnahme der Wahlprüfungs-
kommission, welche in jeder Session für die Dauer derselben gewählt
wird (GO. 8 5), nur nach Bedürfnis gebildet zur Durchberatung der
ihnen überwiesenen Sachen. Beschlußfähig sind sie nur, wenn
mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist (GO. 88 26, 27).
Die Kommission hat an das Plenum Bericht zu erstatten.
1) Das Reichstagsgebäude gehört dem Deutschen Reiche, nicht dem Reichstage,
da dieser keine juristische Persönlichkeit besitzt. Vgl. Arndt, Kommentar z. RV.
Vorbem. zu Art. 20. .