122 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
vom Kaiser ernannt. Die Zahl der Senate wird vom Reichskanzler
bestimmt (GVG. 88 27, 132).
2. Die Marinestrafgerichte (Erl. vom 24. Mai 1876). In erster
Instanz ist der Kommandant eines in Dienst gestellten Schiffes unter
Zuziehung des Geschwaderauditeurs zuständig, in zweiter Instanz
die Stationschefs in Kiel und Wilhelmshaven, denen ein Stations-
auditeur beigegeben ist, als oberster Gerichtshof fungiert das mit
dem preußischen Generalauditoriat verbundene „Generalauditoriat
der kaiserlichen Marine“.
3. Die Reichskonsulargerichte in den Ländern, in welchen ihre Aus-
übung durch Herkommen oder Staatsvertrag gestattet ist, z. B. Persien,
Türkei (Ges. vom 10. Juli 1879).
4. Disziplinargerichte. Das Plenum des Reichsgerichts und
des Bundesamts für Heimatwesen sind zugleich Displinargericht
für ihre Mitglieder (RBG. § 158, GG. SS 128—131, Ges. vom
6. Juni 1870 § 43). Die Rechtsanwälte stehen in zweiter
Instanz unter dem bei dem Reichsgericht gebildeten Ehrengerichts-
hofe (RAO. 8§8 67 ff. und 90 ff.). Als Disziplinargerichte für die
Reichsbeamten fungieren:
a) In erster Instanz die Disziplinarkammern, welche aus
7 Mitgliedern bestehen, von denen der Präsident und drei andere
Mitglieder Richter sein müssen. Die Entscheidung erfolgt durch fünf
Mitglieder.
b) In zweiter Instanz der Disziplinarhof in Leipzig, welcher
aus 11 Mitgliedern besteht, von denen wenigstens vier Bevollmächtigte
des Bundesrats, der Präsident und wenigstens fünf Mitglieder des
Reichsgerichts sein müssen. Er entscheidet in der Besetzung von sieben
Mitgliedern. Die Mitglieder der Disziplinarkammern und des Dis-
plinarhofs werden vom Bundesrat gewählt und vom Kaiser ernannt.
Sie treten nur nach Bedürfnis zusammen (RBG. 88 86—93).
Militärbeamte unterstehen in erster Instanz der Militär-
Disziplinarkommission, in zweiter Instanz dem Disziplinar-
hofe (RBG. 8§ 120 ff.).
Die Patentanwälte urnterstehen bei Pflichtverletzungen einem
Ehrengericht, welchem zwei Mitglieder des Patentamts (ein
rechtskundiges und ein technisches) und drei Patentanwälte angehören.
Es kann auf Löschung in der Liste der Patentanwälte oder auf
Ordnungsstrafen (Verweis oder Geldstrafe) erkennen. Die mündliche
Verhandlung ist in der Regel nicht öffentlich. Das Ehrengericht ent-
scheidet ferner auf Beschwerden über die Versagung der Eintragung
in die Liste der Patentanwälte.
Gegen die Entscheidung kann die Berufung an den Ehrengerichts-
hof eingelegt werden, der mit drei Mitgliedern des Patentamts und
vier Patentanwälten besetzt ist.
Börsen-Ehrengerichte. Unter diesen ist hier zu nennen die
Berufungskammer, welche mit dem Sitze in Berlin für sämtliche
deutsche Börsen zuständig ist. Sie entscheidet auf die Berufung des
Beschuldigten oder des Staatskommissars gegen Entscheidungen der