128 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
Reichsrechtlich sind ihm im Konkurse die Vorrechte aus § 49 Ziff. 1
und 8 61 Ziff. 2 KO. eingeräumt, er hat Freiheit von Gebühren
(GKG. 8§ 98) und von sämtlichen Staatssteuern.
Sein allgemeiner Gerichtsstand bestimmt sich durch den Sitz
der Behörde, welche berufen ist, den Fiskus in dem Rechtsstreite zu
vertreten (Z PO. § 18).
Zur Vertretung des Reichsfiskus!y ist, soweit nicht be-
sondere Bestimmungen in einzelnen Reichsgesetzen enthalten sind, der
Reichskanzler bezw. dessen Stellvertreter (RG. vom 17. März 1878)
berufen, und zwar hat der Reichsfiskus in Ermangelung besonderer
Bestimmungen in Berlin als am Sitze der obersten Reichsbehörde
Recht zu geben. Dies gilt auch vom Reichsmilitärfiskus, soweit
Gegenstände in Frage kommen, in denen es sich um Sachen im aus-
schließlichen Besitz des Reiches handelt (ogl. RG. vom 25. Mai 1873),
wie die Festungsgegenstände ') Sind dagegen Gegenstände in Frage,
welche der Kontingentsverwaltung gehören, so sind die Kontingents-
verwaltungen der Einzelstaaten der Regel nach zur selbständigen Ver-
waltung des Militärwesens auf Rechnung und in Vertretung des
Reiches berechtigt und daher den Reichsmilitärfiskus im Prozeß zu
vertreten befugt. Welche spezielle Behörde die Landeskontingents-
verwaltung in einem einzelnen Prozesse zu vertreten hat, ist nach
Landesrecht zu beurteilen. ?) Dies hat auch in einzelnen Reichsgesetzen
Anerkennung gefunden, so im Militärpensionsges. vom 27. Juni 1871
§ 116, im Rayonges. vom 21. Dez. 1871, §§ 34, 42, im Ges. über
Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 § 34, vgl. auch das Friedens-
leistungsges. vom 16. Februar 1875 (ogl. RG. Bd. 15 S. 38ff.).
In wie weit im übrigen bei den dem Reiche überwiesenen Verwaltungs-
gebieten die einzelnen Landesfisci ihre Selbständigkeit bewahrt haben,
hängt grundsätzlich davon ab, auf welchem jener Gebiete reichsverfassungs-
gemäß die Verwaltung dem Reich oder den Einzelstaaten selbständig
zusteht. Soweit dem Reich die unmittelbare Verwaltung übertragen
ist, wie bei den Auswärtigen Angelegenheiten, Reichseisenbahnen, Post.
und Telegraphie (abgesehen von Bayern und Württemberg) und Kriegs-
marine ist allein der Reichsfiskus zuständig. Anders dagegen steht es,
abgesehen von der Militärverwaltung, auch bei den Zöllen, Verbrauchs-
steuern und Reichsstempelabgaben, da deren Erhebung und Verwaltung
reichsgesetzlich tedem Bundesstaat innerhalb seines Gebiets selbständig
übertragen ist. Soweit die privatrechtlichen Beziehungen dieser Ab-
gaben in Frage kommen, ist der Fiskus des beteiligten Einzelstaats
1) Vgl. Seydel in Behrend u. Dahn, Zeitschr. f. Deutsch. Gesetzgeb. 7, 226;
Reincke in Gruchots Beitr. 23 493—496; Meyer, Lehrb. d. Deutsch. Staatsr.
(5. Aufl. 1899) 691, 692; Laband, Staatsr. (4. Aufl. 1901) Bd. 4 S. 332, 333;
Schulze, Lehrb. d. Deutsch. Staatsr. 1 577, 578; 2 147, 148; Wach, Handbuch 1
406, 567; Gruchot 31 S. 1139. RG. 8 S. 1 ff., 11 S.93, 15.. 37f.; Fritze, Zu-
sammenstellung der Behörden rc. 1891. ç
2) RG. 8 S. 1, 20 S. 148, 24 S. 37, in Jur. Wochenschr. 1895 S. 204.
i) Weinrich in Gruch. Beitr. 33 S. 178f. RNG. 20 S. 148 f., 24 S. 36,
35 S. 13, 42 S. 66, 43 S. 12, 54 S. 201, 201. Selbständige Kontingents-
verwaltung haben außer Preußen nur Wurttemberg und Sachsen.