Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

4 1. Buch. 1. Abschnitt. Staatsrechtliche Grundlagen. 
Der Inhalt der Gebietshoheit der Uferstaaten an den Küsten- 
gewässern zeigt sich vornehmlich in 
a) dem Rechte der Ausübung der Gerichtsbarkeit der den Küsten- 
saum passierenden fremden Schiffe, sofern die Gesetzgebung des Küsten- 
staats dies Recht dem Küstenstaat vorbehalten hat; 
b) dem Rechte, Fremde von der Küstenfischerei auszuschließen. 
Wasserstraßen, die künstlich vom Meer aus landeinwärts gelegt worden 
sind, sind der Gebietshoheit des Staates, wie alle übrigen Flußläufe, 
unterworfen. Eine derartige Straße bildet der Suez= und Panama-= 
kanal. Ersterer, welcher von dem Franzosen Ferdinand de Lesseps 
erbaut, 1869 eröffnet ist, bewirkt die Abkürzung des Seeweges nach 
Indien, Ostasien und Australien. Bei der Bedeutung dieser Straße 
für den Welthandel sind auf Grund internationaler Konferenz die 
Abgaben der den Kanal passierenden Schiffe geregelt. 
Innerhalb des Staatsgebiets äußert sich die Staats- 
gewalt in doppelter Weise: 
a) negativ, nach außen 
a) kraft deren jeder Staat die Einwirkung fremder Staats- 
gewalten auf das inländische Staatsgebiet zurückweisen darf; Ausnahmen 
werden nur begründet durch die passiven Staatsservituten; 
6) kraft deren die Einwirkung der inländischen Staatsgewalt auf 
das fremde Staatsgebiet zurückgewiesen werden darf; Ausnahmen 
werden nur begründet durch die aktiven Staatsservituten. 
b) positiv, nach innen, insofern alle Personen und Sachen inner- 
halb des Staatsgebiets der Staatsgewalt unterworfen sind. Sogenanntes. 
Territorialitätsprinzip: Ouidquid est in territorio, etiam est de 
territorio. Den Gegensatz hierzu bildet das Personalitätsprinzip, 
wonach der Ausländer im Inlande, wie es im Privatrecht vereinzelt 
anerkannt ist, nach seinen heimischen Gesetzen stets zu beurteilen ist: 
Jura ossibus inhaerent. 
Was die Berücksichtigung fremden Rechts und die wechselseitige 
Rechtshilfe anlangt, so ist in neuerer Zeit das Territorialitätsprinzip, 
nach welchem der inländische Richter lediglich nach inländischem Recht 
zu entscheiden hat, verdrängt worden durch das System der Gleich- 
berechtigung der Landesrechte, nach welchem der Richter bei 
Privatrechtsverhältnissen, bei denen eine Statutenkollision, d. h. die 
Kollision der Zivilrechtssätze verschiedener Staaten vorliegt, der Regel 
nach nicht schlechthin das Recht seines Landes zur Anwendung zu 
bringen hat, sondern dasjenige, welchem das streitige Rechtsverhältnis 
seiner eigentümlichen Natur nach angehört, gleichviel ob es das eigene 
Landesrecht des Richters oder ein fremdes ist. 
Streng territorial ist das Prozeßrecht. Ausländisches Prozeß- 
recht ist bei inländischen Prozessen nicht zu berücksichtigen. Ebenso 
hat auch der Strafrichter lediglich nach den Strafgesetzen und dem 
Strafprozeßrecht seines eigenen Staates zu strafen und zwar der Regel 
nach ohne Unterschied, ob die Bestrafung von Inländern oder Aus- 
ländern in Frage kommt, desgleichen ob die dem inländischen Straf- 
gesetz unterliegende Handlung im Inlande oder Auslande begangen
	        
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