Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

162 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches. 
Ausnahme von Bayern und Württemberg, welche besondere Post- 
ordnungen haben, endlich die Bestimmungen aus den zwischen Deutschland 
und auswärtigen Staaten, insbesonder Osterreich-Ungarn abgeschlossenen 
Postverträgen, insbesondere des Weltpostvertrages, welcher zuerst auf 
Veranlassung Stephans 1874 geschlossen, zuletzt im Jahre 1897 in 
Washington (15. Juni 1897 RGBl. 1898 S. 1079) erneuert worden 
ist. Die Bestimmungen dieses Vertrages erstrecken sich auf Briefe, 
einfache Postkarten und Postkarten mit bezahlter Antwort, Drucksachen 
jeder Art, Geschäftspapiere und Warenproben, welche aus einem der 
Vereinsländer herrühren und nach einem anderen gerichtet sind. Für 
vorstehende Sendungen wird ein einheitlicher niedriger Portosatz ein- 
geführt, auch findet die Beförderung unter gleichen Bedingungen statt. 
Als Organe besitzt der Verein ein internationales Bureau in Bern, 
sowie einen mindestens alle fünf Jahre an verschiedenen Orten (1891 
Wien, 1897 Washington) zusammentretenden Kongreß. Streitfälle 
zwischen den Vereinsmitgliedern entscheiden besonders hierfür gebildete 
Schiedsgerichte. 
Der Weltpostverein erstreckt sich fast über die ganze Erde und 
umfaßt alle zivilisierten Staaten. (Näheres s. bei Mittelstein in 
Goldschmidts Zeitschr. für das gesamte Handelsrecht Bd. 41 S. 131.) 
Der rechtliche Charakter der Post= und Telegraphenverwaltung ist 
der einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anstalt, für 
welche in gesetzlich bestimmten Grenzen Rechtszwang zum 
Kontrahieren bei Vermeidung von Schadenersatzpflicht 
und sog. Postzwang, also ein Monopol besteht; letzteres jedoch 
nur hinsichtlich der entgeltlichen Beförderung von Orten mit einer 
Postanstalt nach anderen Orten mit einer (inländischen oder aus- 
ländischen) Postanstalt 
a) aller verschlossenen Briefe, 
b) aller unverschlossenen Briefe in Paketen, 
IP0) aller Zeitungen politischen Inhalts, welche öfters als einmal 
wöchentlich erscheinen, vorausgesetzt, daß die Beförderung dieser 
Zeitungen über den zweimaligen Umkreis ihres Ursprungsortes zu 
erfolgen hat. 
Vorstehendes Monopol findet nunmehr auch Anwendung auf ver- 
schlossene und solchen gleichzuachtende Briefe, die innerhalb der 
Gemeindegrenzen ihres mit einer Postanstalt versehenen Ursprungs- 
ortes verbleiben (Art. 21 des Ges. vom 20. Dez. 1899). Den vor 
dem 1. April 1898 eingerichteten und seitdem bis zur Verkündigung 
des Ges. vom 20. Dez. 1899 ohne Unterbrechung betriebenen Privat- 
Briefbeförderungsanstalten und ihren Bediensteten, die infolge des 
Ges. vom 20. Dez. 1899 Schaden erleiden, sind gemäß Art. 4 des 
Ges. vom 22. Dez. 1899 nach dort näher angegebenen Grundsätzen 
Entschädigungen gewährt worden. 
Die Höhe der Entschädigung wird für das Reichspostgebiet durch 
das Reichspostamt, für Bayern und Württemberg durch die obere 
Postverwaltungsbehörde dieser Staaten festgesetzt. Hiergegen findet 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.