§ 73. Post= und Telegraphenwesen. 163
binnen 4 Wochen seit Zustellung des Bescheides die Berufung an das
aus 3 Mitgliedern des Reichsgerichts gebildete Schiedsgericht statt.
Gestattet ist dagegen die Beförderung von Briefen und politischen
Zeitungen gegen Bezahlung durch speziell abgehende Boten oder
ren. Es darf jedoch hierbei nur ein Absender in Frage kommen.
Es ist nicht erlaubt, dem Postzwange unterliegende Gegenstände von
anderen mitzunehmen oder für andere zurückzubringen.
Die Beförderung von verschlossenen Briefen im Ursprungsorte
gegen Bezahlung durch Boten, welche weder die Einsammlung von
Briefen, Karten, Drucksachen, Zeitungen und Zeitschriften oder Waren-
proben gewerbsmäßig betreiben, noch im Dienste einer Privatbe-=
fürdegtanfalt stehen, ist ohne die angeführten Einschränkungen
atthaft.
Privatbeförderungsanstalten dürfen in eigener Angelegenheit ver-
schlossene Briefe auch durch ihre Bediensteten befördern lassen (Art. 211
des Ges. vom 20. Dez. 1899).
Anstalten zur gewerbsmäßigen Einsammlung, Beförderung oder
Verteilung von unverschlossenen Briefen, Karten, Drucksachen und
Warenproben, die mit der Aufschrift bestimmter Empfänger versehen
sind, dürfen vom 1. April 1900 nicht betrieben werden.
Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis 1500 Mk. oder mit
Haft oder Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft. ·
Abgesehen von den bezeichneten Anstalten ist die gewerbsmäßige oder
nicht gewerbsmäßige Beförderungvon unverschlossenen politischen
Zeitungen innerhalb der Gemeindegrenzen eines Ortes, insbesondere
auch wenn sie durch die Post oder durch Expreßboten dorthin befördert
wurden, jedermann gestattet, auch an Sonn= und Feiertagen während
der Stunden, in denen die Kaiserliche Post bestellt (Art. 3 des Ges.
vom 20. Dez. 99). Die Beförderungsgebühr (Porto) bei einfachen
und deklarierten Sendungen unter Zuschlag der sog. Versicherungsgebühr
ist gesetzlich oder durch Reglement fixiert. Die Porti werden meist
durch Verwendung von Briefmarken bezahlt. Die Anschaffung der
Briefmarken ist wirklicher Kauf. Die Marken charakterisieren sich als
Wertzeichen, welche von der Post als Zahlung auf Portoforderungen
angenommen werden müssen, und solange sie sich auf der Postsendung
befinden, zugleich Urkunden über die für diese Sendung geleistete
Portozahlung sind (Vgl. Kohler in s. Archiv f. d. bürgerl. R. Bd. 6
3#½r S. 316 und Cosack, Lehrb. des Handelsr. § 98 unter 9e).
3. Die Geschäfte der Post zerfallen administrativ in 3 Zweige,
Brief= Paket= und Personenbeförderung, juristisch in 5 Kategorien.
à) Die Güterbeförderung oder das Frachtgeschäft, um-
fassend auch Briefe, Postkarten, Warenproben, Zeitungen und sonstige
Drucksachen. Der Postfrachtvertrag ist privatrechtlicher Vertrag, dessen
Abschluß formlos geschieht. Der Einwurf von Briefen in den Post-
briefkasten ist ein Antrag zum Abschluß dieses Vertrages, der durch
Abstempelung des Briefes seitens der Post angenommen wird. (Vgl.
Cosack, Lehrb. des Handelsrechts. S 98 2c.)
a) Die Verantwortlichkeit der Post ist eigentümlich geregelt.
11*