166 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
waltung unterliegt der Kranken-, Unfall= und Invalidenversicherung.
Im gesamten Postbetriebe gilt die Pflicht des Amtsgeheimnisses.
Ein Beamter, welcher die Pflicht verletzt, ist schadenersatzpflichtig,
disziplinarisch, unter Umständen auch kriminell strafbar.
In der letztgedachten Beziehung bestimmt § 354 St G., daß ein
Postbeamter, welcher die der Post anvertrauten Briefe oder Pakete in
anderen, als den im Gesetze vorgesehenen Fällen eröffnet oder unter-
drückt, oder einem anderen wissentlich eine solche Handlung gestattet
oder ihm dabei wissentlich Hilfe leistet, mit Gefängnis nicht unter
3 Monaten bestraft wird.
Eine analoge Bestimmung ist auch für Telegraphenbeamte in § 355
St GB. bezüglich der ihnen anvertrauten Depeschen getroffen.
5. Stellung Bayerns und Württembergs bezüglich des
Post= und Telegraphenwesens. Sowohl Bayern wie Württem-
berg sind hinsichtlich Einrichtung, Verwaltung und Einnahmen des
Post= und Telegraphenwesens vom Reiche unabhängig. Jedoch sind
vertragsmäßige Vereinbarungen über die Regelung des gegenseitigen
Postverkehrs getroffen, und bei Verträgen mit auswärtigen Staaten
ist eine Verständigung und Vereinigung vorgesehen. Vgl. Post-
vertr. vom 23. Nov. 1867 (BGBl. 1868 S. 63). Dem Weltpost-
verein ist Deutschland als Ganzes beigetreten und in dem Weltpost-
vertrage sind Deutschland und die deutschen Schutzgebiete als
vertragschließender Teil aufgeführt. Bezüglich der Postwertzeichen
ist zwischen dem Staatssekretär des Reichspostamtes und dem württem-
bergischen Minister — Anfang November 1901 — ein endgültiges
Übereinkommen dahin getroffen worden, daß Württemberg die
gleichen Postwertzeichen (in der nun veränderten Gestalt) wie das
Reich verwende und den Bedarf in der Reichsdruckerei decke. Jedoch
darf Württemberg auch fernerhin die Staats= und Bezirkspostwertzeichen,
die für den amtlichen Verkehr bestimmt sind, selbst herstellen und
gebrauchen. Das Übereinkommen ist am 1. April 1902 in Kraft
getreten und bleibt bis zum 31. März 1906 unkündbar.
6. Das Telegraphen= und Fernsprechwesen. Tele-
graphie ist die übertragung von Nachrichten auf größere
Entfernungen ohne Fortbewegung von Sachen oder
Personen. Die elektromagnetische Telegraphie ist insbesondere Fern-
schreiben oder Fernsprechen (Telephonie).
Soweit die Telegraphie ein öffentliches Verkehrsmittel ist, besteht
für dieselbe überall das staatliche Regal, d. h. Anlage und Betrieb
steht grundsätzlich nur dem Staate zu. Über Ausnahmen s. weiter unten.
Die Telegraphenverwaltung des Reichs ist, wie die Post, eine einheit-
liche Reichsverkehrsanstalt, neben welcher jedoch eine bayerische und
württembergische Verwaltung besteht.
Innerhalb der reglementsmäßigen Bestimmungen besteht auch für die
Telegraphenverwaltung ein Rechtszwang zum Kontrahieren, jedoch darf
zurückgewiesen werden die Beförderung von Mitteilungen, die den
Gesetzen, dem öffentlichen Wohl und den guten Sitten widerstreiten.