§ 73. Post= und Telegraphenwesen. 167
Wenn auch grundsätzlich dem Reiche nach dem Reichsgesetze von
1892 das Telegraphenmonopol zusteht, so kann jedoch dieses Recht
für einzelne Strecken oder Bezirke an Privatunternehmer und muß an
Gemeinden für den Verkehr im Gemeindebezirke verliehen werden,
wenn die nachsuchende Gemeinde für einen ordnungsmäßigen Betrieb
genügende Sicherheit bietet, und das Reich eine solche Anlage weder
errichtet hat, noch sich zur Errichtung und zum Betriebe einer solchen
bereit erklärt.
Es können ohne Genehmigung des Reiches Telegraphenanlagen
errichtet und betrieben werden:
a) die ausschließlich dem inneren Dienste von Landes= oder
Kommunalbehörden, Deichkorporationen, Siel= und Entwässerungs-
verbänden gewidmet sind;
b) die von Transportanstalten auf ihren Linien ausschließlich
zu Zwecken ihres Betriebes oder für die Vermittelung von Nachrichten
innerhalb der bisherigen Grenzen benutzt werden;
I) innerhalb der Grenzen eines Grundstücks oder;
d) zwischen mehreren einem Besitzer gehörigen oder zu einem
Betriebe vereinigten Grundstücken, deren keines von dem anderen über
25 km in der Luftlinie entfernt ist, wenn diese Anlagen (zu c und d)
ausschließlich für den der Benutzung der Grundstücke entsprechenden
unentgeltlichen Verkehr bestimmt sind.
Nach dem Telegraphenwegegesetz in Verbindung mit den dazu
erlassenen Ausführungsbestimmungen ist die Telegraphenverwaltung
befugt, für ihre öffentlichen Zwecken dienende Telegraphenlinie die
Verkehrswege zu benutzen, soweit nicht dadurch der Gemeingebrauch
der Verkehrswege dauernd beschränkt wird. Verkehrswege sind,
und zwar mit Einschluß des Luftraumes und des Erdkörpers, die
öffentlichen Wege, Plätze, Brücken und die öffentlichen Gewässer nebst
deren dem öffentlichen Gebrauche dienenden Ufern.
Ferner ist die Telegraphenverwaltung befugt, Telegraphenlinien durch
den Luftraum über Grundstücke, die nicht Verkehrswege im an-
gegebenen Sinne sind, zu führen, soweit nicht dadurch die Benutzung
des Grundstückes nach den zur Zeit der Herstellung der Anlage
bestehenden Verhältnissen wesentlich beeinträchtigt wird. Tritt später
z. B. durch Höherführen eines Hauses eine solche Beeinträchtigung ein, so
hat die Telegraphenverwaltung auf ihre Kosten die Leitung zu beseitigen.
7. Geschäfte der Telegraphenverwaltung. Bei der Telegraphie
im engeren Sinne (Aufgabe des Telegramms)ist der Beförderungsvertrag
eine locatio conductio operis (Werkvertrag) und zwar mit Frankatur-
zwang (ebenso Cosack, Lehrb. des Handelsr. § 99, 2 abw. Schott.
S. 590). Nur werden gewöhnliche Nebengebühren (Bestellgeld) in
der Regel vom Empfänger erhoben. Wird eine Telegraphenanlage an
Privatpersonen zu deren ausschließlichem Gebrauch überlassen, so liegt
eine locatio conductio rei und unter Umständen zugleich ein locatio
conductio operarum vor.
Die Telegraphenverwaltung lehnt jede Verantwortlichkeit für recht-
zeitige und richtige Beförderung der Telegramme ab und verpflichtet