§ 75. II. Allgemeine Bestimmungen. 173
nur die künftige Entstehung solcher einheitlichen Rechte ausschließen,
nicht aber bestimmen will, daß die erst nach diesem Zeitpunkte in den
Bannkreis d. h. in die betreffenden tatsächlichen Verhältnisse ein-
tretenden durch das im übrigen fortbestehende Recht nicht gebunden
sein sollen (Beschl. der vereinigten Zivilsenate des Reichsgerichts
vom 8. Juli 1897, E. d. RG. Bd. 39 Nr. 36 S. 152).
Verträge über die persönliche Verpflichtung zur Entnahme von
Bedarfsgegenständen bei bestimmten Personen sind jedoch nicht auf-
gehoben, z. B. die Verpflichtung, seinen Bierbedarf auf längere Zeit
von demselben Brauer zu entnehmen (vgl. Oberstes bayer. Landesger.
vom 20. Oktober 1883, Reger, Entsch, der Gerichte und Verwaltungs-
behörden, Bd. 4 S. 386).
„Vorgeschrieben“, d. h. in der GO. selbst enthalten, sind Ausnahmen
oder Beschränkungen in den 88 16, 24, 25, 27, 29—30, 31—31b,
34 Abs. 1, 35, 43, 44 à, 55 ff. (Gewerbebetrieb im Umherziehen).
Beschränkungen oder Ausnahmen sind „zugelassen“, d. h. ihre Einführung
ist der Landesgesetzgebung oder den Landesgesetzen gestattet nach §§ 5,
7, 8, 28a, 30 a, 33c, 34 Abs. 3, 37, 39, 42 b, 51—53.
Die vorgeschriebenen und zugelassenen Ausnahmen beziehen sich auf
gewerbliche Anlagen (88 16, 24, 27, 28) oder auf einzelne Gewerbe-
treibende (88 5, 7, 8, 29 (Approbation), 30 (Konzession), 31, 32 bis
33b, 34, 35, 53“, 36, 37, 38, 39). Weitere Beschränkungen sind
durch eine Reihe von Reichsgesetzen eingeführt, z. B. StGB. 88 180,
284, 357 Ziff. 3, 360 Ziff. 9 u. 14, 367 Ziff. 3 u. 4, ferner Nahrungs-
mittelgesetz vom 14. Mai 1879, Sprengstoffgesetz vom 9. Juni 1884,
Börsengesetz vom 22. Juni 1896, Depotgesetz vom 5. Juli 1896,
Margarinegesetz vom 15. Juni 1897, Auswanderungsgesetz vom 9. Juni
1897 u. a. m.
Der Grundsatz der Gewerbefreiheit gilt nur für die Zulassung
zum Gewerbebetriebe, nicht auch für die Art der Ausübung
desselben. Die Ausübung untersteht daher den in den einzelnen Landes-
teilen geltenden allgemeinen polizeilichen (bau-, feuer-, gesundheits-,
sicherheits= und sittenpolizeilichen) Vorschriften, die für jeden, nicht bloß
Gewerbetreibende, erlassen sind. Beispiele zulässiger Beschränkung
der Ausübung der Gewerbe sind Zulässigkeit der Polizeistunde für
Schankwirtschaften, polizeiliches Einschreiten gegen gesundheitschädliches
Geräusch in Werkstätten (OVG. 23, 268), ebenso gegen gesundheits-
schädlichen Gestank, Verbot des Feilbietens künstlicher Mineralwasser,
die nicht aus chemisch reinen Salzen und destilliertem Wasser hergestellt
sind u. dgl. m.
Vertragsmäßiger Verzicht auf die Gewerbefreiheit ist wirkungslos,
wohl aber sind Verträge über Beschränkungen ihrer Ausübung nach
Zeit, Ort, Gegenstand und Art zulässig. Verträge über Konkurrenz-
ausschluß sind nur in den Grenzen des § 133 f. GO. und §§ 74 ff.
HGB. gestattet.
Alter, Geschlecht (§ 11), Religion, der Besitz oder
Mangel des Bürgerrechts (8 13) begründet keinen Unterschied
für den Gewerbebetrieb (§ 1: jedermann).