Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

174 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches. 
Bezüglich des Alters besteht nach § 57 a Ziff. 1 insofern eine Aus- 
nahme, als der Wandergewerbeschein in der Regel zu versagen ist, 
wenn der Nachsuchende das fünfundzwanzigste Lebensjahr noch nicht 
vollendet hat. 
Ebensowenig wie das Geschlecht hindert auch Heirat eine Frau an 
dem selbständigen Gewerbebetriebe. Für die Verwaltungsbehörde 
kommt die Genehmigung des Ehemannes zum Gewerbebetriebe der 
Ehefrau nicht in Betracht. Auch zivilrechtlich bedarf die Ehefrau zur 
Gültigkeit ihrer Geschäfte der Einwilligung des Mannes nicht, wohl 
ist aber diese Einwilligung erforderlich, wenn sie über eingebrachtes 
oder gütergemeinschaftliches Vermögen verfügen und es dem Zugriffe 
ihrer Gläubiger unterwerfen will. BGB. §§ 1409 (1395—1399, 
1412, 1414, 1442 f., 1452, 1459—1462). 
Für die am 1. Januar 1900 bestehenden Ehen gilt Landesrecht. 
EG. z. BGB. Art. 200 Abs. 3. Demnach hat für diese Ehefrauen 
die Bestimmung des § 195 preuß. AL R. II, 1, wonach eine Ehefran 
wider den Willen des Mannes für sich selbst kein besonderes Gewerbe 
treiben darf, fortdauernde Geltung. 
Inwieweit der Ehemann tatsächlich, auch wenn die Ehe erst nach 
dem Inkrafttreten des BGB. geschlossen ist, durch anderweite Be- 
stimmung des Wohnorts und der Wohnung in Gemäßheit des § 1354 
BGB. den Gewerbebetrieb seiner Ehefrau verhindern kann, hängt 
davon ab, ob die Bestimmung des Mannes sich nicht als Mißbrauch seines 
Rechts darstellt (§ 1354 Abs. 2 BGB.). Wann ein solcher Mißbrauch 
vorliegt, ist nach den besonderen Umständen des Falls zu beurteilen. 
Auch die Ausländer stehen grundsätzlich den Inländern gleich. 
Hinsichtlich des Gewerbebetriebes der juristischen Personen 
des Auslandes d. i. des Reichsauslandes bewendet es bei den 
Landesgesetzen (S 12 Abs. 1). Inländische juristische Personen stehen 
den natürlichen gewerbepolizeilich im allgemeinen gleich. 
In Preußen dürfen juristische Personen des Auslandes von 
Staatsverträgen abgesehen nur mit Erlaubnis der Ministerien ein 
stehendes Gewerbe betreiben. Ges. vom 22. Juni 1861 (GS. 
S. 441) § 18. 
Konzessionen zum Betriebe solcher Gewerbe, bei denen vom Gesetze 
gewisse persönliche Eigenschaften des Konzessionsinhabers gefordert 
werden, können an juristische Personen nicht verliehen werden. OV. E. 
Bd. 9 S. 286 (v. Kamptz Bd. 4 S. 58). 
Diejenigen Beschränkungen, welche in betreff des Gewerbebetriebes 
für Personen des Soldatenstandes und Beamtenstandes sowie 
deren Angehörige bestehen, werden durch die Gewerbeordnung nicht 
berührt. Solche Beschränkungen bestehen für Militärpersonen, Reichs- 
beamte, preuß. Beamte. Ausnahmen gelten für die nichtständigen 
Mitglieder des Patentamts (Pat G. vom 7. April 1891 § 13), desgl. 
des Reichsversicherungsamts (Ges. vom 30. Juni 1900 §5 19 Abs. 3 
und JVG. 8§ 110). Den Gerichtsvollziehern ist die Vornahme von 
freiwilligen Versteigerungen durch AG. z. GVG. vom 24. April 1878 
& 74 Ziff. 2 gestattet. 
 
	        
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