Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 76. III. Stehender Gewerbebetrieb. 177 
geschieht durch das Blatt der genehmigenden Behörde, in Preußen im 
Amts- oder Kreisblatt. 
Die Form der Bekanntmachung wird noch näher bestimmt in 
d. Ausf. Anw. Z. 18—20. 
Für die Berechnung der Frist sind nach LVG 8 52 Abs. 1 die 
bürgerlichen Prozeßgesetze maßgebend. Nach ZPO. § 222 gelten die 
Vorschriften des BGB. (§§ 186 ff.). Der Tag der Ausgabe des amt- 
lichen Blattes wird nicht mitgerechnet. 
Unter den zu erhebenden Einwendungen scheidet das Gesetz 
(8§ 19 Abs. 1) diejenigen Einwendungen, welche auf besonderen privat- 
rechtlichen Titeln beruhen, für das hier in Betracht kommende Ver- 
fahren aus. 
Derartige Einreden sind, ohne daß von deren Erledigung die Ge- 
nehmigung der Anlage abhängig gemacht wird, zur richterlichen Ent- 
scheidung zu verweisen. 
Als privatrechtlicher Titel gilt Rechtsgeschäft, Verjährung, 
Privileg, auch der Einwand, daß die Verfügung über das Anlage- 
grundstück, namentlich sein Eigentum, dem Widersprechenden zustehe. 
Zu den Einwendungen, die nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen, 
sind auch die aus dem Nachbarrecht herrührenden gesetzlichen Be- 
schränkungen zu rechnen. RG. E. in Zivils. Bd. 13 S. 52; siehe 
auch BGB. 88 906 ff. (Nachbarrechte) und EEG. z. BG. Art. 124, 
wonach die landesgesetzlichen Beschränkungen des Eigentumes im 
Interesse des Nachbarn bestehen bleiben, sowie AG. z. BGB. vom 
20. September 1899 Art. 23. 
In dem hier fraglichen Verfahren sind daher zu prüfen und kontra- 
diktorisch zu erörtern a) Einwendungen aus dem öffentlichen Recht, 
b) Einwendungen aus dem Nachbarrecht, c) Einwendungen anderer 
nicht rechtlicher Natur. 
Die Erörterung der Einwendungen zu a) und by) findet nur statt, 
wenn sie rechtzeitig innerhalb der 144tägigen Frist vorgebracht sind. 
Auch die Polizeibehörde kann Einwendungen gegen die Anlage im 
Interesse des Publikums geltend machen. Über nachbarrechtliche Ein- 
wendungen wird mit der Wirkung entschieden, daß sie nachträglich im 
Rechtswege nur noch gemäß § 26 verfolgbar sind. (Vgl. Preuß. 
Ausf. Anw. vom 4. September 1869 (MBl. S. 202). Schenkel, 
Kommentar z. GO. (2. Aufl.) 1894 S. 6. v. Schicker desgl. (3. u. 
4. Aufl.) S. 3. RG. E. in Zivils. Bd. 13 S. 56.) 
Liegt kein Beanstandungsgrund vor, sind insbesondere auch außer 
den bau-, feuer= und gesundheitspolizeilichen Vorschriften alle sonstigen 
Polizeigesetze beachtet, so wird die Genehmigung bedingt oder un- 
bedingt erteilt. 
Die gewerbepolizeiliche Genehmigung schließt auch die baupolizeiliche 
in sich, so daß es eines besonderen Baukonsenses nicht bedarf (Erl. vom 
2. März 1880, MBl. S. 80, Mot. z. Nov. 1900 S. 9 u. OG. 
E. Bd. 37 S. 309). 
Die in die, Genehmigung aufzunehmenden Bedingungen können sich 
sowohl auf Einrichtungen der Anlage, wie auf den Betrieb beziehen. 
Altmann, Handbuch der Verfassung I. 12
	        
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