Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 76. III. Stehender Gewerbebetrieb. 179 
Verletzung Gefängnisstrafe und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, 
bei gewinnsüchtiger Absicht kann neben der Gefängnisstrafe auf Geld- 
strafe bis zu 3000 Mk. erkannt werden (§ 145a GO.). 
Zuständig für die Genehmigung und das Verfahren ist in Preußen 
in der Regel der Kreis-(Stadt-)ausschuß und in den zu Landkreisen 
gehörigen Städten mit mehr als 10 000 Einwohnern der Mahgistrat. 
In einigen Fällen bei Genehmigung von Schießpulverfabriken, An- 
lagen zu Feuerwerkerei und zur Bereitung von Zündstoffen aller Art, 
Anlagen zur Gewinnung roher Metalle, Röstöfen, chemischen Fabriken 
aller Art, Poudretten= und Düngpulverfabriken, Kalifabriken, Anlagen 
zur Herstellung von Zelluloid, Zellulosefabriken, Albuminpapierfabriken, 
Verbleiungs-, Verzinnungs= und Verzinkungsanstalten, Anlagen zur 
Herstellung von Zündschnüren und von elektrischen Zündern ist als 
erste Instanz der Bezirksausschuß zuständig (ZG. § 110). Als zweite 
Instanz fungiert der Minister für Handel und Gewerbe, welcher, sofern 
bei Stauanlagen Landeskulturinteressen in Betracht kommen, den 
Minister für Landwirtschaft zuzuziehen hat (8G. 8 113). Letzteres 
geschieht deshalb, weil bei Stauanlagen außer den Bestimmungen der 
GO. (§§ 17—22) auch noch die dafür bestehenden landesgesetzlichen 
Vorschriften zu beachten sind (GO. 8 23). 
Nach Genehmigung der Anlagen können, abgesehen von den An- 
sprüchen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, Klagen 
nicht mehr auf Einstellung des Betriebes, sondern nur auf Herstellung 
von Einrichtungen, welche die Nachteile für die Nachbarn ausschließen 
oder auf Schadloshaltung gerichtet werden (§ 26), erhoben werden. 
Eine auf besonderen privatrechtlichen Titeln (z. B. Vertrag) be- 
ruhende Klage kann auf Einstellung des Betriebes gerichtet werden; 
derartige Ansprüche werden durch den § 26 nicht beschränkt (R. E. 
in Zivils. Bd. 13 S. 52), wohl aber schützt § 26 die nach §§ 16 u. 
24 gremite Anlagen, auch Dampfkessel (RG. E. in Zivils. Bd. 11 
S. 186); ebenso die in gleicher Weise genehmigten Veränderungen 
(#26). Er schützt jedech nicht Anlagen, die nicht nach § 16 u. 8 24 
zu genehmigen sind, wie Zuckerfabriken, ferner nicht die nach älterem 
Landesrecht genehmigten Anlagen. Für deren Schutz galt bisher 
Landesrecht allein (RG. E. in Zivils. Bd. 11 S. 183, Bd. 26 S. 354). 
Der Klage aus § 26 kann der Einwand, daß nach Erhebung der 
Klage die erforderlichen Einrichtungen getroffen seien, mit Erfolg nicht 
entgegengesetzt werden (RG. E. vom 28. September 1898 i. Preuß. 
Verw. Bl. XX S. 104). 
Unter den Anlagen des § 16 sind besonders hervorzuheben: 
1. Abdeckereien. Die Genehmigung dazu erteilt der Bezirksausschuß. 
Ein Ministerialerlaß vom 12. Oktober 1840 bestimmt, daß Abdeckereien 
und Aasgruben nur in einer Entfernung von 1000—2000 Schritten 
von bewohnten Gegenden angelegt werden sollen (Verw. Min.-Bl. 
S. 377). Das Abdeckereigewerbe unterliegt der Gewerbesteuer vom 
Handel (Ges. vom 17. Dezember 1872 § 3). Ausschließliche Abdeckerei- 
Gewerbeberechtigungen können nicht neu erworben werden, ebensowenig 
darauf bezügliche Zwangs= und Bannrechte. Über die Aufhebung bezw. 
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