Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

192 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches. 
Die Bedürfnisfrage ist eine rein tatsächliche, ihre Prüfung steht in 
dem freien Ermessen der zur Erteilung der Erlaubnis zuständigen Be- 
hörde. OVG. Bd. 1 S. 311, Bd. 8 S. 254, Bd. 10 S. 254. 
Bei Prüfung der Bedürfnisfrage entscheidet der Zustand zur Zeit der 
Jällung des Urteils, nicht der Einreichung des Antrages. OVG. E. 
vom 22. April 1880 PVBl. I1 270, vom 8. Juni 1881, vom 
6. Dezember 1882 PVl. IV S. 99 und E. Bd. 19 S. 323. 
Die Bestimmungen des 8§ 33 Abs. 1, 2, 3 unter a) und 4 finden 
nach Abs. 5 auch Anwendung auf Vereine, welche den gemeinschaft- 
lichen Einkauf von Lebens= und Wirtschaftsbedürfnissen im großen 
und deren Absatz im kleinen zum ausschließlichen und hauptsächlichen 
Zweck haben, einschließlich der bereits bestehenden, wenn der Betrieb 
auf den Kreis der Mitglieder beschränkt ist. Im Erlasse vom 
20. November 1897 (MnBl. 1898 S. 12) wird hervorgehoben, daß 
hiernach bei Konsumvereinen die Bedürfnisfrage wie bei Gast= und 
Schankwirtschaften zu prüfen ist. 
Ausgenommen von § 33 sind die militärischen Kasinos und Kantinen, 
deren Betrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt ist (Ausf. 
Anw. zur GO. vom 1. Mai 1904 Ziff. 46). 
Nach Abs. 6 des § 33 können die Landesregierungen anordnen, daß 
die Bestimmungen des § 33 mit Ausnahme derjenigen in Absk. 3 
unter d, auch auf andere Vereine, einschließlich der bereits bestehenden, 
selbst dann Anwendung finden, wenn der Betrieb auf den Kreis der 
Mitglieder beschränkt ist. Eine derartige Anordnung ist für Preußen 
in dem Erlasse des Ministers des Innern vom 27. Dezember 1896 
(MBl. S. 97) gegeben. In der Einführung von Gästen und der 
gelegentlichen Ablassung von Speisen oder Getränken an Nichtmit- 
glieder ist eine Überschreitung der gezogenen Grenzen nicht zu finden 
(s. vorst. Erl.). Unter Abs. 6 fallen alle Vereine, auch wenn sie nicht 
gewerbsmäßig Schankwirtschaft usw. betreiben. Die Erlaubnis wird 
nicht dem Vereine selbst, sondern nur einem geeigneten Angestellten 
desselben erteilt, Geschäftsführer, Oekonom (OVG. E. vom 6. Januar 
1902 PVBl. XIII S. 583 in v. Kamptz Erg. Bd. 2 S. 451). 
Die dem Oekonom eines Vereins für Vereinsmitglieder erteilte Er- 
laubnis wird nicht überschritten, wenn Getränke an Vereinsgäste von 
ihm ausgeschänkt werden. 
Geschlossenen Gesellschaften und Vereinen, auch wenn sie konzessions- 
pflichtig sind, darf eine Polizeistunde nicht gesetzt werden. OVG. 
E. vom 20. Oktober 1902 Bd. 42 S. 279 in v. Kamptz, Erg. Bd. 2 
S. 452). 
c) Wer gewerbsmäßig a) Singspiele, Gesangs= und deklama- 
torische Vorträge, 8) Schaustellungen von Personen oder 7) thea- 
tralische Vorstellungen, ohne daß ein höheres Interesse der 
Kunst oder der Wissenschaft dabei obwaltet, in seinen Wirtschafts- 
oder sonstigen Räumen öffentlich veranstaltet oder zu deren öffentlicher 
Veranstaltung seine Räume benutzen lassen will, bedarf zum Betriebe 
des Gewerbes der Erlaubnis ohne Rücksicht auf die etwa bereits
	        
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