Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 76. III. Stehender Gewerbebetrieb. 193 
erwirkte Erlaubnis zum Betriebe des Gewerbes als Schauspielunter- 
nehmer. 
Das Gesetz unterscheidet hiernach drei Arten von Vorstellungen. 
Instrumentalmusik ist absichtlich weggelassen. Für diese bedarf es 
keiner polizeilichen Erlaubnis; OVG. Bd. 17 S. 386, KG. E. Bd. 7 
S. 241, Bd. 9 S. 183; Erl. vom 13. Februar 1885 MBl. S. 55 
und Erl. vom 4. März 1889 Mhl. S. 64. Die Betriebsausübung 
dagegen untersteht dem Landesrecht; zulässig sind daher polizeiliche Vor- 
schriften, welche musikalische Aufführungen an ersten Feiertagen von 
polizeilicher Genehmigung abhängig machen, KG. E. Bd. 11 S. 322, 
welche für die Aufführung eine bestimmte Zeit festsetzen, KG. E. Bd. 14 
S. 272, Bd. 15 S. 338, welche eine vorherige schriftliche Anzeige- 
pflicht bezüglich der beabsichtigten Aufführungen gegenüber der Polizei- 
behörde einführen, KG. E. Bd. 9 S. 183, welche Gegenstand, Zeit 
und Art des Vortrages näher regeln. 
Eine öffentliche Veranstaltung liegt vor, wenn sie für jeder- 
mann zugänglich ist. Es genügt hierbei, daß die Lustbarkeit auch 
andere als individuell bezeichnete Personen besuchen können, sei es 
bedingungslos, sei es nach Erfüllung gleichmäßig bestimmter Be- 
dingungen z. B. Zahlung von Eintrittsgeld. Erl. vom 2. November 
1884 MBl. S. 251 und Erl. vom 23. Februar 1889 MBl. S. 38; 
OG. Bd. 9 S. 406, Bd. 18 S. 422 und Bd. 35 S. 436. 
Vorführungen geschlossener Vereine und Gesellschaften für ihre Mit- 
glieder und eingeladene Gäste sind nicht öffentlich. Stenographischer 
Bericht 2952. „Gäste" sind aber nur Personen, deren Teilnahme 
mindestens von der Einführung durch Mitglieder bedingt wird. Pr. Erl. 
vom 26. November 1859, MBl. 339; OVG. Bd. 18 S. 425. 
Ob höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft vorwaltet, 
ist Frage des Einzelfalls (Begr. 21). Maßgebend ist, ob der einzelnen 
Darbietung nach ihrem Inhalt und nach der Art, wie sie geboten 
wird, ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft beizumessen 
ist. OVG. E. vom 23. April 1898, PVl 20, 36, v. Kamptz, Erg. 
Bd. 1 S. 402. Nicht darauf, was der Veranstalter mit seiner Dar- 
bietung beabsichtigt, kommt es an, entscheidend ist: der objektive Wert 
der Veranstaltung. OVG. E. vom 23. April 1898, PVBl. 20, 36. 
Auch hier kann die Erlaubnis versagt werden wegen un- 
genügenden Lokals, mangelnden Bedürfnisses, und wenn gegen den 
Nachsuchenden Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, 
daß die beabsichtigten Veranstaltungen den Gesetzen oder guten Sitten 
zuwiderlaufen werden. 
Die persönlichen Versagungsgründe sind hier umfassender als im 
33, sie umfassen alle Rechtsnormen und beschränken sich nicht wie 
im 33 auf geschlechtliche Verfehlungen. 
Liegen persönliche Versagungsgründe vor, so kann die bereits erteilte 
Erlaubnis zurückgenommen und Personen, welche vor dem Inkrafttreten 
der Gewerbeordnung den Gewerbebetrieb begonnen haben, derselbe 
untersagt werden. 
Altmann, Handbuch der Verfassung I. 13
	        
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