198 2. Buch. 2 Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
Besondere Vorsichtsmaßregeln sind in den §§ 2—9 für die
Aufbewahrung der Gifte getroffen. Alle Gifte müssen über-
sichtlich geordnet und von anderen Waren, insbesondere von Nahrungs-
und Genußmitteln getrennt, aufbewahrt werden. Alle Vorratsgefäße
sollen die Bezeichnung „Gift“ tragen, die besonders starken Gifte sind
in einem ausschließlich für Gifte bestimmten, von festen Wänden um-
schlossenen Raum (Giftkammer) aufzubewahren.
Um der mißbräuchlichen Verwendung der Gifte vorzubeugen, find
erschwerende Vorschriften bezüglich der Abgabe in den §§ 10—16
enthalten.
Danach darf nur der Geschäftsinhaber oder dessen Beauftragter
Gifte abgeben, dabei ist die Verantwortlichkeit des Geschäftsinhabers
für die vorschriftsmäßige Abgabe der Gifte und für die Auswahl
seiner Beauftragten noch besonders hervorgehoben. Unter „Abgabe“
der Gifte ist nicht nur der Verkauf, sondern jede Art der Verabfolgung
z. B. auch das Verschenken von Giften zu verstehen, gleichviel auf
welchem Wege die Verabfolgung geschieht, ob durch unmittelbare Aus-
händigung oder durch Übersenden usw.
Zur Kontrolle hat der Gifthändler ein Giftbuch zu führen.
An Kinder unter 14 Jahren dürfen Gifte überhaupt nicht
abgegeben werden, an andere Personen nur dann, wenn dem Ab-
gebenden die Zuverlässigkeit sowie die Absicht des Empfängers, das
Gift ausschließlich zu erlaubten Zwecken zu benutzen, mit Sicherheit
bekannt ist. In allen übrigen Fällen muß sich der Empfänger durch
einen von der Ortspolizeibehörde ausgestellten Erlaubnisschein
legitimieren. Die Gifte der Abteilung 1 und 2 dürfen nur gegen
eine 10 Jahre aufzubewahrende Empfangsbescheinigung (Gift-
schein) des Erwerbers oder seines Empfangsbevollmächtigten ab-
gegeben werden; im Falle, daß das Gift für den eigentlichen Erwerber
von einem dritten abgeholt wird, muß die Empfangsbescheinigung
sowohl von dem Erwerber als auch von dem Abholenden eigenhändig
unterschrieben werden.
Auf die Abgabe von Giften als Heilmittel in den Apotheken
finden vorstehende Sicherheitsmaßregeln keine Anwendung, es sind
daher nicht erforderlich Führung eines Giftbuchs, Vorlegung eines
polizeilichen Erlaubnisscheines und Ausstellung einer Empfangs-
bescheinigung; ferner haben die Vorschriften für die Verpackung und
die Bezeichnung der Umhüllungen hier keine Gültigkeit. Soweit jedoch
in den Apotheken Gifte nicht als Heilmittel, sondern
zu anderen Zwecken abgegeben werden, finden die all-
gemeinen Vorschriften Anwendung.
Ganz besonders streng sind die Vorschriften für arsenhaltige
Ungeziefermittel. Das Feilhalten und Abgeben von arsenhaltigem
Fliegenpapier ist vollständig verboten. Im allgemeinen darf die Ver-
abfolgung von giftigen Ungeziefermitteln nur unter Beigabe einer
Belehrung und Warnung vor unvorsichtigem Gebrauch, deren Wortlaut
die vorgesetzte Behörde feststellen kann, stattfinden.