§ 76. III. Stehender Gewerbebetrieb. 201
ist hervorzuheben, daß die Untersagung den Gewerbebetrieb in seiner
Gesamtheit trifft, sie kann sich nicht bloß gegen seine Ausübung in
einem einzelnen Falle oder an einem einzelnen Orte richten. Nach
§ 119 Nr. 1 ZG. wird die Untersagung von dem Kreisausschuß oder
Bezirksausschuß auf Klage der zuständigen Behörde ausgesprochen.
Daraus folgt, daß sie in anderer Weise nicht zulässig, namentlich
die Polizei nicht befugt ist, sie durch Verfügung anzuordnen. Neben
der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist ein polizeiliches Einschreiten
bloß zur Verhinderung einer bestimmten Polizeiwidrigkeit bei der
Ausübung des Gewerbes zulässig. OVG. E. Bd. 26 S. 286/287,
v. Kamptz Bd. 4 S. 89.
Die Untersagung kann nur bestehende oder doch unmittelbar zu
eröffnende Betriebe treffen, nicht zukünftige oder eingestellte. OVG.
Bd. 11. S. 308 und 312.
Voraussetzung der Untersagung ist Unzuverlässigkeit, welche
vor allem sittliche (Kuppelei), aber auch körperliche z. B. beim Schwimm-
lehrer oder intellektuelle z. B. beim Rechtskonsulenten ist. Vgl. OVG.
Bd. 28 S. 329, 330, jedenfalls muß sie gerade für den speziell in
Betracht kommenden Gewerbebetrieb ins Gewicht fallen.
Als von dem Gesetze geforderte Tatsachen für das Vor-
handensein der Unzuverlässigkeit sind zu nennen: Betrügerischer
Bankerutt ist als ausreichender Versagungsgrund beim Trödelhandel
anerkannt (Bayer. VGH. Bd. 16 S. 94), fortgesetztes Spielen in
nicht zugelassenen Lotterien genügt beim Handel mit Losen, OG.
Bd. 35 S. 330; Bd. 40 S. 301. Altere Tatsachen sind zur
Beurteilung der gesamten Persönlichkeit und der Bedeutung neuerer
Vorgänge in Betracht zu ziehen. OVG. E. vom 17. November
1884 und 26. Januar 1885 Bd. 11 S. 316 und vom 30. April
1885 PVBl. VI S. 299. Vorgängige Bestrafung ist nicht schlechthin
maßgebend (vgl. die bei v. Kamptz Bd. 4 S. 92 mitgeteilten Urteile
des OVG.). Unzuverlässigkeit des einen Ehegatten genügt zur Unter-
sagung des Gewerbebetriebes des anderen Ehegatten, sofern jener
unzuverlässige Ehegatte beim Gewerbebetriebe in hervorragender Weise
beteiligt ist. OV G. E. vom 27. September 1886 PWBl. VIII S. 30.
Untersagung ist auch statthaft bei Personen, die sich beim Gewerbe-
betrieb eines unzuverlässigen dritten bedienen. OVG. E. vom
21. November 1893 PVBl. XV S. 197 v. Kamptz Bd. 4 S. 93.
Über die Wirkung der Untersagung spricht sich das O.
(Bd. 26 S. 286 und Bd. 30 S. 301) dahin aus, daß sie sich nicht
auf den ein zelnen Fall und Ort beschränkt. Denn die Unter-
sagung gründe sich nicht auf besondere Verhältnisse des Betriebsortes,
sondern auf den Mangel persönlicher Eigenschaften. Die Wirkung
sei aber auch insofern absolut, als sie jede auf Fortsetzung des
untersagten Gewerbebetriebes gerichtete Tätigkeit erfasse, so daß die
Polizeibehörde jedes Ortes sesort die Bestrafung des Betreffenden
nach § 148 Nr. 4 herbeiführen bezw. mit den gesetzlichen Zwangs-
mitteln die Fortsetzung des unbefugten Gewerbebetriebes hindern
könne (v. Kamptz Bd. 4 S. 90). Nur für den Einzelstaat lassen die