206 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
IV. Gewerbefreiheit mit Anstellungsbefugnis.
Nach § 36 der GO. darf das Gewerbe der Feldmesser, Auktiona-
toren, Bücherrevisoren, derjenigen, welche den Feingehalt edler Metalle
oder die Beschaffenheit, Menge oder richtige Verpackung von Waren
ärgendeiner Art feststellen, der Güterbestätiger, Schaffer, Wager, Messer,
Bracker, Schauer, Stauer usw. zwar frei betrieben werden, es
bleiben jedoch die verfassungsmäßig befugten Staats= oder Kommunal=
cbehörden oder Korporationen auch ferner berechtigt, Personen, welche
diese Gewerbe betreiben wollen, auf die Beobachtung der bestehenden
Vorschriften zu beeidigen und öffentlich anzustellen.
Die Bestimmungen der Gesetze, welche den Handlungen der ge-
nannten Gewerbetreibenden eine besondere Glaubwürdigkeit beilegen
oder an diese Handlungen besondere rechtliche Wirkungen knüpfen,
sind nur auf die von den verfassungsmäßig dazu befugten Staats-
zrer gaammunalbehörden oder Korporationen angestellten Personen zu
beziehen.
Die rechtliche Stellung der Gewerbetreibenden des § 36.
8 36 handelt nicht von Personen, welche für den Staat, die Kommune
oder die Korporation, von welcher sie angestellt sind, tätig werden, sondern
von solchen, welche für eigene Rechnung dem Publikum dienen, also
von Gewerbetreibenden. Die Anstellung bezieht sich gerade auf diesen
Gewerbebetrieb; sie soll nicht Organe für den Staat, die Kommune
oder die Korporation schaffen, sondern bewirken, daß dem Publikum
geeignete Personen zu Gebote stehen (vgl. E. des RG. in StS.
Bd. 17 S. 291 ff., Bd. 18 S. 37 ff.). Das praktische Bedürfnis
bringt es mit sich, daß das Verhältnis dieser Personen in gewissen
Beziehungen dem der Beamten ähnlich gestaltet ist. Sie werden, wie
der § 36 ausdrückich sagt, beeidigt, und es kann ihren Handlungen
eine besondere Glaubwürdigkeit beigelegt sein. Es wird sogar eine
gewisse Disziplinargewalt gegen sie ausgeübt. (Siehe z. B. das
preuß. Reglement für Auktionatoren vom 15. April 1848 MBl.
S. 305 § 33 Abs. 2, ferner das preuß. Feldmesserreglement vom
2. März 1871 (GS. S. 101) § 3 — dessenungeachtet sind sie Ge-
werbetreibende, wie sie auch im Abs. 2 des § 36 genannt werden —
.OVG. E. vom 4. Mai 1891 Bd. 21 S. 336 (339) in v. Kamptz
RPd. 4 S. 94.)
Die einzelnen Gewerbe.
Bezüglich der Feldmesser (Landmesser) regelt die Anstellung in
Preußen das zit. Reglement von 1871, abgeändert durch Erlaß vom
26. August 1885 (GS. S. 319), vom 27. Dezember 1887 (GS.
1888 S. 4), und vom 26. Februar 1894 (GS. S. 18). Prüfungs-
wvorschriften vom 4. September 1882 (M Bl. S. 202), abgeändert
durch Erl. vom 12. Juni 1893 (MBl. S. 140, 143), vom 29. Januar
1896 (MBl. S. 18) und vom 21. Februar 1901 (Mitteil. 45 S. 36).
Geprüfte und vereidete Feldmesser sind in Preußen Staatsbeamte
„(Erl. vom 19. Oktober 1863 MBl. 1881 S. 179).
Die privilegierte Stellung der angestellten Versteigerer zeigt sich
darin, daß sie befugt sind: