Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 80. VII. Innungen, Innungsausschüsse, Handwerkskammern 2c. 213 
brauch aufgestellten Transportmittel (Wagen, Pferde, Sänften, Gondeln) 
kann die Ortspolizeibehörde in Übereinstimmung mit der Gemeinde- 
behörde d. i. Gemeindevorstand (Ausf. Anw. Ziff. 4) Taxen aufstellen 
(Ziff. 76), ebenso für Bezirksschornsteinfeger (§ 77). Die Schornstein- 
fegergebühren können im Verwaltungszwangsverfahren nicht beigetrieben 
werden. Erl. vom 31. Januar 1901 (Ml. S. 82). 
Die Taxen der Apotheker d. h. für Arzneien und deren Zu- 
behör, nicht für andere Waren, können durch die Zentralbehörden fest- 
gesetzt werden. In Preußen geschieht es alljährlich durch den Minister 
der geistlichen pp. Angelegenheiten (Medizinalminister). Ermäßigungen 
der Taxen durch freie Vereinbarungen sind jedoch zulässig 6#“ 800. 
Für die Arzte gilt bezüglich des Honorars freie Vereinbarung, und 
nur in Ermangelung einer solchen findet die Bek. vom 15. Mai 1896, 
betr. den Erlaß einer GO. für Arzte und Zahnärzte (MBl. S. 105), 
Anwendung. " 
Die Taxen der beamteten Arzte, Hebeammen und Heilgehülfen sind 
der landesgesetzlichen Regelung überlassen. 
Für Preußen bezüglich der Gebühren der Hebeammen vgl. Erl. vom 
2. Juni 1870 (Ml. S. 186), vom 11. Oktober 1871 (M Bl. S. 305) 
und vom 6. August 1883 (MBl. S. 211). 
& 80. VII. Innungen, Innungsausschüsse, Handwerks- 
Kammern, Innungsverbände. (Titel 6 der GO.) 
A. Zur Geschichte des Handwerks nach der R. 
Die Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 ließ zwar die ge- 
nossenschaftliche Organisation des Handwerkerstandes, die bereits vor- 
handenen Innungen, wenngleich mit wesentlichen Anderungen in ihrer 
Verfassung, im Sinne der Gewerbefreiheit bestehen, und ermöglichte 
auch die Bildung neuer Innungen, für deren Verfassung gewisse 
Normativbestimmungen aufgestellt wurden. Man ging damals von der 
Anschauung aus, daß es nicht Aufgabe des Staates sei, die Innungs- 
bildung durch positive Maßnahmen zu fördern, sondern vielmehr es 
den Beteiligten überlassen bleiben müsse, ob sie es in ihrem Interesse 
förderlich finden würden, zu Innungen zusammenzutreten. Es wurden 
daher die Innungen der in einem großen Teile des Reiches ihnen noch 
zustehenden öffentlich rechtlichen Funktionen entkleidet, eine Einwirkung 
auf die Regelung der gewerblichen Verhältnisse über den Kreis ihrer 
Mitglieder hinaus stand ihnen fernerhin nicht mehr zu, und die bisher 
bestandene enge Verbindung zwischen den Innungen und den Organen 
der Obrigkeit wurde bis auf ein eng begrenztes Aufsichtsrecht beseitigt. 
Hal. Nr. 49 der Drucksachen des Reichstages 4. Legislaturperiode 
IV. Session. 1881.) 
Bei dieser Gestaltung des Innungswesens waren die Innungen jeder 
öffentlich rechtlichen Bedeutung entkleidet und zu bloßen Privatgesell- 
schaften herabgedrückt. Eine schwere Schädigung des Handwerkerstandes 
blieb nicht aus. Der einzelne, des festen Zusammenschlusses seiner 
Gewerbegenossen entbehrend, war den gesteigerten Anforderungen der
	        
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