Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

8 81. VIII. Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehülfen 2c.). 237 
treibenden und den von ihnen beschäftigten Arbeitern über die Ent- 
nahme der Bedürfnisse der letzteren aus gewissen Verkaufsstellen sowie 
überhaupt über die Verwendung des Verdienstes derselben zu einem 
anderen Zwecke als zur Beteiligung an Einrichtungen zur Verbesserung 
der Lage der Arbeiter oder ihrer Familien (§ 117 Abs. 2). 
Derartige Einrichtungen sind Gewährung von Wohnung, Feuerung, 
Beleuchtung, Unterstützungskassen, Kinderbewahranstalten u. dgl. 
Da die Gewerbetreibenden ihren Arbeitern keine Waren kreditieren 
dürfen, so bestimmt das Gesetz im § 118 weiter, daß Forderungen 
für Waren, welche dem § 115 zuwider kreditiert sind, von dem 
Gläubiger, d. h. von dem Arbeitgeber, weder eingeklagt noch durch 
Anrechnung oder sonst geltend gemacht werden können, ohne Unterschied, 
ob sie zwischen den Beteiligten unmittelbar entstanden oder mittelbar 
erworben sind. 
Da die Forderung des Gläubigers im übrigen auf die im § 116 
näher bezeichnete Kasse übergeht, so ergibt sich daraus, daß nur für 
den Arbeitgeber bezw. Gläubiger die Nichtigkeit der Forderung eintritt, 
mit anderen Worten, daß eine relative Nichtigkeit besteht. Ob redlicher 
Erwerb vorliegt, fällt nicht ins Gewicht. 
Um einer Umgehung des in den §§ 115—118 enthaltenen Truck- 
verbotes vorzubeugen, wird im § 119 bestimmt, daß das, was in dieser 
Beziehung von Zahlungen, Warenkreditierungen und Verabredungen 
für die Gewerbetreibenden gilt, in gleicher Weise Anwendung findet 
für deren Familienglieder, Gehülfen, Beauftragte, Geschäftsführer, Auf- 
seher und Faktoren sowie andere Gewerbetreibende, bei deren Geschäft 
eine der hier erwähnten Personen unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. 
Die gleiche Behandlung tritt nicht nur zivilrechtlich, sondern auch 
strafrechtlich ein; in der Regel werden sie strafrechtlich als Täter, 
unter Umständen wegen Beihülfe sich strafbar machen. (RG. E. in 
Strafs. Bd. 6 S. 126.) Von der Haftung dieser Personen wird die 
selbständige Haftung des Gewerbetreibenden nicht berührt. 
Lohneinbehaltung. Soveit Ansprüche des Arbeitgebers auf 
Ersatz eines ihm aus der widerrechtlichen Auflösung des Arbeits- 
verhältnisses erwachsenden Schadens oder einer für diesen Fall ver- 
abredeten Strafe bestehen, gibt zwar das Gesetz dem Arbeitsgeber ein 
Recht auf Lohneinbehaltung, beschränkt aber dieses Recht dahin, daß 
die Lohneinbehaltungen bei den einzelnen Lohnzahlungen ein Viertel 
des fälligen Lohnes, im Gesamtbetrage den Betrag eines durchschnittlichen 
Wochenlohnes nicht übersteigen (§ 119 a Abs. 1). 
Über die Höhe der Schadensforderungen und der Vertragsstrafen 
enthält das Gesetz beschränkende Vorschriften nur bezüglich der 
Strafen in größeren Fabriken in § 134 Abs. 2 und bezüglich des 
Schadens in § 124b. Im übrigen gilt freie Vereinbarung. Es finden 
daher die allgemeinen Grundsätze des bürgerlichen Rechts Anwendung, 
vgl. §§ 276, 278, 249 ff. BGB. 
Die Beschränkung der Lohneinbehaltung bezieht sich nicht 
a) auf Schadenersatzansprüche wegen der Beschädigung oder des 
Verderbens von Werkzeugen und Arbeitsmaterial, 
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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