Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

8 81. VIII. Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehülfen 2c.). 241 
(Engagement auf Probe). Wird eine Kündigungsfrist vereinbart, so 
muß sie für beide Teile gleich sein, widrigenfalls die Abrede (nicht 
etwa der ganze Vertrag) nichtig ist, und an ihre Stelle die gesetzliche 
Kündigungsfrist tritt. 
Nach der Kündigung eines dauernden Dienstverhältnisses hat der 
Arbeitgeber gemäß § 629 BGB. dem Arbeitnehmer auf Verlangen 
angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses zu 
gewähren. 
Verträge, die auf bestimmte Zeit geschlossen sind, regeln sich nach 
§ 620 BEB. und endigen mit dem Ablauf der Zeit, für die sie ein- 
gegangen sind. Ebenso greift bei Verträgen auf Lebenszeit die Vor- 
schrift des § 624 BGB. Platz, wonach das Arbeitsverhältnis von dem 
Verpflichteten nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden kann. 
Bei Fabriken müssen die Kündigungsfristen nach | 134b Abs. 1 
Ziff. 3 durch die Arbeitsordnung geregelt werden. Die Verabredung 
einer jederzeitigen Lösung des Arbeitsverhältnisses ohne vorherige 
Kündigung ist zulässig. Erl. vom 30. Juni 1892 (MBl. S. 276). 
Im Falle des Konkurses gilt, wenn nicht eine kürzere Frist vereinbart 
ist, die gesetzliche (§ 22 KO.). 
Zuständig zur Entscheidung von Streitigkeiten sind Innungsschieds- 
gerichte, Gewerbegerichte, Gemeindevorsteher § 81 b Ziff. 4 in Verbindung 
mit Gewerbegerichtsgesetz § 84, ferner §§ 4, 76 Gewerbegerichtsgesetz. 
5. Sofortige Lösung des Arbeitsverhältnisses seitens 
des Arbeitgebers. 
Vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Aufkündigung 
können Gesellen und Gehülfen entlassen werden (§ 123 Abs. 1): 
à) wenn sie bei Abschluß des Arbeitsvertrages den Arbeitgeber 
durch Vorzeigung falscher oder verfälschter Arbeitsbücher oder Zeugnisse 
hintergangen oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleichzeitig 
verpflichtenden Arbeitsverhältnisses in einen Irrtum versetzt haben; 
b) wenn sie eines Diebstahls, einer Entwendung, einer Unter- 
schlagung, eines Betrugs oder eines liederlichen Lebenswandels sich 
schuldig machen; 
) wenn sie die Arbeit unbefugt verlassen haben oder sonst den 
nach dem Arbeitsvertrag ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzu- 
kommen beharrlich verweigern; 
d) wenn sie Verwarnung ungeachtet mit Feuer und Licht unvor- 
sichtig umgehen; 
e) wenn sie sich Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen gegen den 
Arbeitgeber oder seine Vertreter oder gegen die Familienangehörigen 
des Arbeitgebers oder seiner Vertreter zuschulden kommen laßten 
f) wenn sie einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Sachbeschädigung 
zun Nachteile des Arbeitgebers oder eines Mitarbeiters sich schuldig 
machen; 
g) wenn sie Familienangehörige des Arbeitgebers oder seiner Ver- 
treter oder Mitarbeiter zu Handlungen verleiten oder zu verleiten 
versuchen oder mit Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner 
Altmann, Handbuch der Verfassung 1. 16 
  
 
	        
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