8 81. VIII. Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehülfen 2c.). 267
den Geschäftsbetrieb und die Arbeitszeit so zu regeln, daß der Hand-
lungsgehülfe gegen eine Gefährdung seiner Gesundheit, soweit die Natur
des Betriebes es gestattet, geschützt und die Aufrechterhaltung der guten
Sitten und des Anstandes gesichert ist.
Vorstehende Bestimmung des § 62 Abs. 1 ist eine rein privatrecht-
liche, bei deren Nichtbeobachtung nur eine Schadenersatzklage nach § 62
Abs. 3 HGB. gemäß den für unerlaubte Handlungen der §§ 842 bis
846 BEB. geltenden Vorschriften gegeben ist. Um nun jene Pflicht
des Prinzipals zu einer öffentlichrechtlichen und polizeilich erzwing-
baren zu machen, sind sie als solche in die GO. aufgenommen worden.
Danach sind die Polizeibehörden befugt, im Wege der Verfügung
für einzelne offene Verkaufsstellen diejenigen Maßnahmen anzuordnen,
welche zur Durchführung der im § 62 Abs. 1 HGB. enthaltenen
Grundsätze in Ansehung der Einrichtung und Unterhaltung der Ge-
schäftsräume und der für den Geschäftsbetrieb bestimmten Vorrichtungen
und Gerätschaften sowie in Ansehung der Regelung des Geschäfts-
betriebs erforderlich und nach der Beschaffenheit der Anlage ausführ-
bar erscheinen (S§ 139g). Durch Beschluß des Bundesrats können
diesbezügliche generelle Anordnungen getroffen werden (§ 139 ). Zu
derartigen generellen Anordnungen gehört auch die Beschaffung aus-
reichender Sitzgelegenheit und die Gestattung ihrer Benutzung. Steno-
graphischer Bericht zur Novelle 1900 S. 3241.
6. Erweiterung der Pflichten des Prinzipals hinsichtlich
des Besuchs der Fortbildungsschulen seitens seiner Angestellten.
Da nach § 76 Abs. 4 HGB., welcher bestimmt: „In betreff der
Verpflichtung des Lehrherrn, dem Lehrlinge die zum Besuche einer
Fortbildungsschule erforderliche Zeit zu gewähren, bewendet es bei den
Vorschriften des § 120 der GO.“ und nach § 120 GO. der Prinzipal
nicht für verpflichtet erachtet wurde, die zum Besuche einer (Handels-)
Fru nötige Zeit freizugeben, so bestimmte, um dies zu ändern,
139, daß der Geschäftsinhaber verpflichtet ist, Gesellen und Gehülfen
die zum Besuche der Fachschule nötige Zeit freizugeben. Derselbe hat
Gehülfen und Lehrlinge unter 18 Jahren zum Besuche der Fortbildungs-
und Fachschule anzuhalten und den Schulbesuch zu überwachen.
7. Verpflichtung zum Erlaß von Arbeitsordnungen für
offene Verkaufsstellen.
Um den Angestellten großer Ladengeschäfte den gleichen Schutz zu
gewähren, wie er den gewerblichen Arbeitern größerer Fabriken ge-
geben ist (KB. 43), ist in § 139 k bestimmt, daß für jede offene Ver-
kaufsstelle, in welcher in der Regel mindestens 20 Gehülfen und Lehr-
linge beschäftigt werden, eine Arbeitsordnung zu erlassen ist.
Für den Inhalt der Arbeitsordnung gelten im allgemeinen dieselben
Vorschriften, wie die für die Fabrikarbeitsordnung. Andere als die
in der Arbeitsordnung oder in den §88 71, 72 HGB. vorgesehenen
Gründe der Entlassung und des Austritts aus der Arbeit dürfen im
Arbeitsvertrage nicht vereinbart werden (§ 139 K Abs. 3).
8. Erstreckung des Verbots der Lehrlingszüchterei (§ 128) auf das
ganze Handelsgewerbe.