Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 85. Krankenversicherung. 281 
Personen, soweit sie der Krankenversicherung nicht bereits kraft 
Gesetzes unterliegen, zulässig. 
Freiwillige Versicherung. Außerdem gewährt das Gesetz nicht- 
versicherungspflichtigen Personen mit einem Jahreseinkommen bis zu 
2000 M. die Befugnis zur freiwilligen Beteiligung an der Kranken- 
versicherung und zwar bezüglich des Beitritts, wie der Fortsetzung des 
Versicherungsverhältnisses (88§ 4, 11, 19, 27, 63, 64, 72 KVG.). 
Ebenso sind Dienstboten nach dem Gesetze nicht verpflichtet, 
sondern nur berechtigt, in die Gemeindekrankenversicherung oder, wenn 
es das Statut zuläßt, in eine Ortskrankenkasse einzutreten (88 4, 26 à 
Ziff. 5 KVG.). 
Die in der Land= und Forstwirtschaft beschäftigten Arbeiter und 
Betriebsbeamten unterliegen der Versicherungspflicht nach Maßgabe 
des KVG. nur dann, wenn sie derselben durch Landesgesetz oder 
Kommunalstatut unterworfen sind. 
b) Organisation. 
Als Träger der Krankenkassen sind in der Regel nach den einzelnen 
Berufsklassen sich spaltende Kassenverbände geschaffen, von denen jedem 
Verband selbständige Verwaltung zukommt. 
Von dieser Organisation werden grundsätzlich nicht berührt, die schon 
vor Erlaß des KVG. bestehenden Innungskrankenkassen und die 
Knappschaftskassen. Sie werden mit geringen Modifikationen aufrecht 
erhalten. Dasselbe gilt für die eingeschriebenen oder auf landesgesetz- 
licher Grundlage beruhenden Hülfskassen (Ges. v. 7. April 1876, 
RGBl. S. 125 u. Ges. v. 1. Juni 1884, Rl. S. 54). Bei 
ihnen fällt nunmehr der für sie ortsstatutarisch eingeführte Ver- 
sicherungszwang fort, sie bestehen jetzt nur noch als freie Hülfskassen, 
wobei ihnen jedoch insofern eine öffentlich rechtliche Wirkung beigelegt 
ist, indem die einer freien Kasse angehörenden Personen von der sonst 
gesetzlich vorgeschriebenen Mitgliedschaft bei den Zwangskassen entbunden 
fsind. Im Interesse der Erhaltung der freien Kassen wurde jedoch 
gesetzlich bestimmt, daß sie ihren Mitgliedern mindestens gleiche Leistungen 
zusichern müßten, wie sie die Zwangskassen gewähren. 
Abgesehen von diesen Spezialkassen hat das KVG. der allgemeinen 
Krankenversicherung eine doppelte Organisation zugrunde gelegt, eine 
regelmäßige (prinzipale) und eine subsidiäre. 
aa) Die regelmäßige Organisation bilden: 
a) Die Ortskrankenkassen (88 16—58). Sie werden entweder 
für Angehörige eines einzigen Gewerbszweiges oder einer einzigen 
Betriebsart in einer Gemeinde oder für mehrere bezw. sämtliche Gewerbe 
oder Betriebsarten einer oder mehrerer Gemeinden errichtet. Die Er- 
richtung geschieht auf Beschluß der Gemeinde und muß unter gewissen 
Voraussetzungen auf Antrag der Beteiligten erfolgen. Die innere 
Verfassung der Kasse beruht auf einem Statut, welches die Gemeinde, 
die die Kasse errichtet, gibt, und welches in Preußen der Genehmigung 
des Bezirksausschusses unterliegt. Gegen den ablehnenden Bescheid 
findet auf Antrag mündliche Verhandlung im Verwaltungsstreitver= 
fahren statt. Die Kassen haben die Rechte einer juristischen Person
	        
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