Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 87. Grundzüge der Unfallversicherung. 297 
zu gelangen. Auch Reisen für den Betrieb sind Betriebshandlungen. 
hufülle, welche Seeleute bei der Beförderung vom Lande zum 
Seefahrzeuge und umgekehrt, sowie bei der freien Zurückbeförderung 
oder Mitnahme auf deutschen Seefahrzeugen erleiden, sind Betriebs- 
unfälle (8 4 SUG.). 
Bei vorsätzlicher Herbeiführung eines Unfalls steht dem 
Verletzten und seinen Hinterbliebenen ein Entschädigungsanspruch nicht 
zu. Der Beweis hierfür liegt dem Enschädigungspflichtigen ob. Der 
Anspruch kann ganz oder teilweise abgelehnt werden, wenn der Ver- 
letzte den Unfall bei Begehung eines durch strafgerichtliches Urteil 
festgestellten Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens sich zugezogen 
hat. In Fällen der letzteren Art kann die Rente, sofern der Verletzte 
im Inlande wohnende Angehörige hat, welche im Falle seines Todes 
Anspruch auf Rente haben würden, ganz oder teilweise den Angehörigen 
überwiesen werden. Die Ablehnung kann, auch ohne daß die vor- 
gesehene Feststellung durch strafgerichtliches Urteil geschehen ist, erfolgen, 
falls diese Feststellung wegen des Todes oder der Abwesenheit des Be- 
treffenden oder aus einem anderen in seiner Person liegenden Grunde 
nicht erfolgen kann (§ 8 Abs. 2, 3 GU VWG., §7 Abs. 2 u. 3 LuU VG., 
§* 9 Bu VG., Abs. 2 u. 3 Sl6.). 
Im übrigen schließt eigenes Verschulden des Verletzten (Fahr- 
lässigkeit, Leichtsinn, verbotswidriges Handeln) den Ent- 
schädigungsanspruch nicht aus, sofern nicht etwa eine Loslösung von dem 
Betriebe stattgefunden hat. 
2. Beginn der Leistungen. Im Falle der Verletzung tritt 
die Unfallfürsorge ein mit dem Beginne der 14. Woche nach Eintritt 
des Unfalls (der Unfallstag nicht mitgerechnet), bei Seeleuten nach 
Wegfall der gesetzlichen Fürsorgepflicht des Reeders (8 9 Abs. 1 
GU VWG., § 8 Abs. 1 Lu G., § 9 Bu W., § 9 Abs. 1 SUV.). 
Im Falle der Tötung tritt die Unfallfürsorge ein mit dem Todes- 
tage (einschließlich) des Verstorbenen (§ 15 Abs. 1 GU VW., § 16 
Abs. 2 Lu WG., § 9 BuG., § 21 Abs. 1 SUVG.). 
Bei Gefangenen, die nicht einer Krankenkasse angehören, ist freie 
ärztliche Behandlung nebst Heil= und Hilfsmitteln sofort, dagegen die 
Rente erst nach der Entlassung aus der Anstalt zu gewähren (§ 3 
Abs. 1 UFMG. f. G.), Hinterbliebenenrente eines Gefangenen wird erst 
von dem Zeitpunkte, mit welchem der Gefangene entlassen worden 
wäre, gezahlt (§ 4 Abs. 1 UFG. f. G.). Die Bezüge bei Beamten 
und Personen des Soldatenstandes beginnen mit dem Wegfalle 
des Diensteinkommens (§ 1 Abs. 6, § 6 Abs. 1 UFG. f. B.). Die 
Rente der Hinterbliebenen der vorgedachten Personen beginnt mit dem 
Ablaufe des Gnadenvierteljahrs oder -monats (§ 6 UFG. f. B.). 
3. Fälligkeitstermine. Kosten des Heilverfahrens und Sterbe- 
gelder sind binnen 1 Woche nach ihrer Feststellung zu zahlen. 
Renten sind in monatlichen und, wenn sich der Jahresbetrag auf 
60 M. oder weniger beläuft, in vierteljährlichen Raten im voraus 
zu zahlen. Im Einverständnisse mit dem Entschädigungsberechtigten 
kann die Zahlung in längeren Zeitabschnitten erfolgen. (§ 93 Abs. 1, 2
	        
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