326 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
sehenden Offizieren innerhalb des Kontingents ist die Ernennung von
der jedesmaligen Zustimmung des Kaisers abhängig zu machen.
Eine fernere, wichtige Einschränkung hat die Kontingentshoheit durch
die Militärkonventionen gefunden.
Durch derartige Militärkonventionen haben mit Ausnahme von
3 Bundesstaaten alle übrigen Gliedstaaten des Reichs ihre Truppen
vertragsmäßig der preußischen Armee eingefügt und die Ausübung der
ihnen noch überlassenen Militärhoheitsrechte und damit auch die Ver-
waltung ihrer Kontingente dem Reiche bezw. Preußen überlassen.
Eine Sonderstellung unter den Gliedstaaten nehmen die drei König-
reiche Bayern, Württemberg und Sachsen ein. Die Grundlage dieser
Sonderstellung bilden die mit diesen Staaten abgeschlossenen Militär-
konventionen bezw. Bündnisverträge (zwischen Sachsen und Preußen
vom 7. Februar 1867, zwischen Württemberg und dem Norddeutschen
Bunde vom 21./25. November 1870, zwischen Bayern und dem Nord-
deutschen Bunde vom 23. November 1870, III § 5 nebst Schluß-
protokoll Ziff. XIV).
Auf die letztgedachten Verträge zwischen dem Reiche und Bayern
und Württemberg wird in der Schlußbestimmung zum XlI. Abschnitt
der Reichsverfassung ausdrücklich Bezug genommen und die durch diese
Verträge begründeten Rechte als vertragsmäßige Sonderrechte aner-
kannt, deren Veränderung oder Aufhebung nur nach den Regeln des
Art. 78 RV. zulässig ist. Der sächsischen Militärkonvention wird in
der RV. keine Erwähnung getan, trotzdem besteht an dem Fortbestande
der durch die Konvention für Sachsen begründeten Rechte infolge lang-
jähriger Ubung und stillschweigender Anerkennung kein ernstlicher
Zweifel. 1)
Die für Bayern, Württemberg und Sachsen begründete Sonder-
stellung tritt besonders bei Bayern hervor.
Das bayerische Heer bildet im Frieden einen für sich abgeschlossenen
Bestandteil des Bundesheeres unter Verwaltung des bayerischen Kriegs-
ministeriums und unter Oberbefehl und Militärhoheit des Königs, der
auch die Dislokationsbefugnis hat. Obwohl dem deutschen Kaiser im
Frieden als Bundesfeldherrn das Inspektionsrecht zusteht, hat er sich
doch über die Modalitäten der Inspektion und das Ergebnis der letzteren
mit dem Könige von Bayern ins Einvernehmen zu setzen. Ferner
hat der deutsche Kaiser zwar die Mobilmachung im Falle des Krieges
zu veranlassen, die Anordnung derselben geschieht jedoch durch den
bKönig tan Bayern. Erst mit diesem Moment beginnt der Oberbefehl
es Kaisers.
Sachsen und Württemberg haben sich nur ihre eigenen Verwaltungen
durch ihre dafür geschaffenen Ministerien und je ein Armeekorps als
ihr Kontingent vorbehalten, dessen Höchsikommandierender in Sachsen
auf Vorschlag des Königs vom Kaiser ernannt wird, während in
1) A. M. sind Hänel, Studien S. 247; G. Meyer, Staatsr. § 197 u. a. Wie
oben im Text Reincke, Die Verf. des Deutsch. R. S. 296.